Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Typ:
Museum
Ort:
Zürich [Satellit]
Staat:
Schweiz
Architekt:
Materialien:
Stahl, Glas
Publiziert:
metallbau 06/2022
Seiten:
34 - 37
Inhalt:
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Pavillon Le Corbusier, Zürich

Sanierung des Stahlskelettbaus

In Zürich wurde der Pavillon Le Corbusier – der einzige Stahlskelettbau des weltbekannten Architekten – nach 50 Jahren Standzeit umfassend saniert. Zu entfernen war dabei u. a. ein hochgiftiger PCB- Anstrich sowie die durch Weißrostlochfraß entstandenen Fassadenschäden.
In Zürich steht mit dem Pavillon Le Corbusier der einzige Stahlskelettbau des weltberühmten Architekten, der zugleich dessen letztes Bauwerk ist. Gute 50 Jahre wurde der 696 m² große Ausstellungsbau durch die Galeristin und Innenarchitektin Heidi Weber genutzt. In dem im heutigen Seeuferpark gelegenen zweigeschossigen Gebäude veranstaltete die Kunstmäzenin viel beachtete Ausstellungen rund um den großen Architekten. Trotz seiner langen Standzeit sah der Pavillon auch noch kurz vor seiner Sanierung durchaus gepflegt und intakt aus. Tatsächlich aber gab es große Sanierungserfordernisse: So war u. a. ein hochgiftiger PCB- Anstrich von der schirmartig den Bau überspannenden Dachkonstruktion zu entfernen und die eigentliche Pfosten-/Riegelfassade wies einen aggressiven Weißrostlochfraß an zahllosen Stellen auf und war demzufolge undicht.
Anlass der Pavillon- Entstehung
Die Idee zu diesem in der Westschweiz einzigen Gebäude von Le Corbusier – der obgleich er Schweizer war, in Paris lebte und arbeitete – stammte von der erwähnten Galeristin Weber. Sie konnte 1959 den Architekten überzeugen, ein Gebäude zu entwerfen, in dem er seine Idealvorstellungen von Kunst, Architektur und Wohnen zu einer Einheit verschmolz. Die nicht einfache Suche nach einem möglichen Standort fand schließlich ein glückliches Ende mit der Erteilung eines Baurechtes für eine vakante Parzelle auf dem Gelände einer zuvor beendeten Gartenbau- Ausstellung, eben dem heutigen Seeuferpark am Zürichhorn. Dies ist auch der Grund, warum der Bau heute inmitten einer offenen Parkanlage steht.
In der ersten Zeit nach der Vollendung des Pavillons im Jahre 1967 tat sich die Architekturkritik schwer mit einer Zuordnung des Bauwerks zum Schaffen von Le Corbusier. Schließlich war dieser kurz vor Baubeginn der aufgehenden Stahlkonstruktion am 27. August 1965 vor Roquebrune- Cap- Martin im Mittelmeer ertrunken, wo er in seinem ebenfalls berühmten Ferienhaus Urlaub machte. Alain Tavès und Robert Rebutato führten nach seinem Tod die Ausführungsplanung des Entwurfs zur Baureife. Die Urheberschaft von Le Corbusier ist jedoch unumstritten, da er etwa einen Monat vor seinem Tod einen vollständigen Plansatz zu dem Bau noch unterschrieben hat.
Tatsächlich hat die Stadt Zürich das Baugrundstück nie an Heidi Weber verkauft, sondern ihr 1960 lediglich ein Baurecht auf öffentlichem Grund erteilt und ihr eine 50-jährige Nutzung ab Fertigstellung eingeräumt. Nach Ablauf dieser Zeit fiel das Grundstück, mit allem was sich darauf befand, wieder an die Stadt zurück. Dies war der Moment, in dem die Stadt die im Denkmalschutz sehr erfahrenen Architekten Silvio Schmed und Arthur Rüegg mit der Sanierung des Pavillons beauftragten. Rüegg ist darüber hinaus bekannt für seine große Le Corbusier- Expertise.
Fassadeninstandsetzung
Zwei Faktoren trugen maßgeblich zur Fassadenkorrosion bei: So wurde Wasser, das über schlecht schließende Dichtungen in die Hohlprofile eindrang, konstruktiv nur unzureichend aus diesen wieder abgeleitet. Dies führte in Verbindung mit einem untauglichen Schutzanstrich zu einem besonders aggressiven Weißrost, der in Lochfraß endete. Oldtimerfreunde sind häufig mit diesem Problem an ihren alten Fahrzeugen konfrontiert. Zur Rettung der Konstruktion griffen die Architekten zu drei Maßnahmen und bauten die Fassade in Teilen neu auf.
Metallbauer der TEKO Oberflächentechnik AG klopften als erstes mit Pressluftnagelhämmern die beschädigten Profile blank. Diese Geräte arbeiten mit dicken Bündeln langschaftiger Nägel, die durch ein duschkopfartiges Sieb geführt werden. Dahinter rotiert ein Schlagwerk, das die Nägel ruckartig reihum nach vorne führt. Durch die so entstehende Vibration werden spröde Lacke herunter geklopft, ohne aber vom Metallprofil Material wegzunehmen.
Die Fassadenschlosser schnitten dazu alle durchgerosteten Stellen sorgfältig aus und fügten neue Blechstücke ein. Bei den dafür unvermeidlichen Schweißarbeiten war zu beachten, dass durch die Hitzeentwicklung die nahen Originalfensterdichtungen nicht aufschmolzen. Denn diese konnten infolge ihrer Versprödung nicht mehr ausgebaut werden. So entschieden sich die Architekten für eine aufwändigere Arbeitsstrategie und ließen gleichzeitig mehrere Stellen gleichzeitig verschweißen: Die Metallbauer setzten an einer Schadstelle einen ersten, einzelnen Schweißpunkt und wechselten dann zur nächsten Beschädigung. Während der Bearbeitung dieser – und gegebenenfalls einiger weiterer Schadstellen – kühlte der zuerst bearbeitete Blechbereich vollständig aus. Und erst in diesem Moment setzten die Arbeiter dort den nächsten Punkt an. Um darüber hinaus die Werkstücktemperatur möglichst gering zu halten, wurde ausschließlich im Schutzgasschweißverfahren gearbeitet, da dies die geringste Wärmeentwicklung aller Schweißmethoden aufweist.
Diese aufwändigen Arbeiten fielen jedoch nur an der Ost- und Westfassade an, da dort die ursprüngliche Verglasung beibehalten wurde. Neue Schutzgläser wurden hingegen an der Südseite eingesetzt; an der Nordseite wurde sogar Museumsglas verbaut. Dieses ist besonders blendfrei und farbneutral, was einerseits die Denkmalpfleger freut, andererseits aber keinen Sonnenschutz bietet.
Mit 24 mm Dicke entspricht die neue Verglasung der alten Scheibenstärke. Sie besteht jeweils aus zwei 6 mm- Scheiben und einem mittigen 12 mm- Luftraum. Für die Einglasung wurden aus schwarzem Silikon neue Dichtungsprofile nachgebaut. Im Vorfeld wurden dafür mehrere Versionen hergestellt und durch die Denkmalbehörde bemustert. Die neuen Dichtungen weisen kaum sichtbare Veränderungen auf, besitzen aber subtile Verbesserungen mit großer Wirkung: So ist eine sehr tiefe Einbettung des Isolierglases in das Silikonprofil gegeben, wobei die innere und die äußere Lippe nach dem Einglasen gleichauf liegen. Wie die 1967 ausgeführten Neoprenprofile besitzen sie zwei Keder- Klemmprofile. Diese bewirken eine Versteifung der Gummidichtung und verhindern ein Herausdrücken der Glasfläche mitsamt Dichtung und wirken so einbruchshemmend. Ohne diese Versteifung könnte man eine komplette Scheibe mit etwas Kraft einfach in das Gebäude drücken und so in dieses eindringen.
Für die neue Entwässerung der u-förmigen Glashalteprofile ergänzte man die existierenden Entwässerungslöcher mit Blindnietmuttern. Diese funktionieren wie eine Hohlniete, in der zudem ein kurzer Strohhalm steckt. Denn die Schadensbefunde zeigten, dass das eindringende Wasser zwar durch die obere Bohrung aus der Glasführung entwässert wurde. Dann aber tropfte das Wasser nicht wie vorgesehen durch den Profilhohlkasten hindurch genau in das dafür vorgesehene Entwässerungsbohrloch darunter. Vielmehr legte es sich als Feuchtigkeitsfilm auf die Profilinnenseite und unterstützte damit die Korrosion. Der lange Schaft dieser Blindnietmuttern ist an der Unterseite der Kastenprofile gut zu erkennen: Er reicht durch diese immer ganz hindurch und führt so das Wasser direkt nach außen.
Dachsanierung
Zwei Quadrate mit einer Kantenlänge von jeweils knapp 12 m prägen die Stahlkonstruktion des freistehenden Daches. Es baut sich – wie das gesamte Gebäude – aus dem "Modulor"-Maßsystem mit einer Grundlänge von 2,26 m auf. Dieses System wurde von Le Corbusier entwickelt und leitet sich von den Normmaßen eines Menschen ab. Dabei beziehen sich die Modulormaße immer auf die inneren Gebäudeachsen, von denen es bei jedem Dachquadrat fünf gibt. Zu diesem Innenmaß von 11,30 m addieren sich noch die Dachüberstände, um auf den Gesamtwert von rd. 12 m zu kommen.
Die Dachfläche erinnert an ein umgekehrtes Satteldach, das statt eines Firstes eine mittige Hohlkehle aufweist, in ihr ist die Entwässerung zusammengeführt. Die oberseitig mit Metallschwertern ausgesteifte Dachhaut besteht aus 5 und 6 mm starken Blechen. Satellitenbildern kann man gut entnehmen, dass beim Pavillon Le Corbusier auf obere Abdeckbleche verzichtet wurde, weshalb man diese stehenden Metallschwerter hier gut erkennen kann. Beide Quadratflächen sind über ein schmales Zwischenstück miteinander verbunden. Drei Rundstützen und sechs rechteckige Kastenstützen tragen zusammen die insgesamt rd. 40 t schwere Dachkonstruktion.
Die gesamte Konstruktion war mit einem hochgiftigen PCB- Lack angestrichen. Für dessen umweltverträgliche Entfernung wurde der gesamte Bau eingehaust und zusätzlich darin noch ein zweites Schutzzelt eingerichtet. Bei leichtem Unterdruck arbeiteten hier Schadstoffsanierer der darauf spezialisierten TEKO Oberflächentechnik AG unter Vollschutz mit Atemgeräten. Das Austreten von PCB-haltigem Staub wurde so vermieden. Die Arbeiter entfernten mit Hilfe eines Sandstrahlgeräts bis zu 12 Farblagen. Dafür verbrauchten sie rd. 30 t Sand, der hinterher mit Industriesaugern wieder aufgenommen wurde. Blanker Stahl, auf dem sich schnell wieder etwas Flugrost bildet, nahm man bewusst bei der ersten Säuberung in Kauf. Dieser Flugrost wurde dann unmittelbar vor der Grundierung unter regulären Baustellenbedingungen schnell entfernt. Um jedoch während der Sandstrahlarbeiten ein starkes Verschmutzen aller schützenswerten Flächen zu vermeiden, wurden diese zuvor großflächig mit Sarnafil- Folie abgedeckt.
Eine konstante Temperatur von 20°C und eine gleichbleibende Schichtdicke von 300 µ waren beim Auftragen und beim Trocknen der neuen Anstriche streng einzuhalten. Gewährleistet wurde die Temperaturstabilität mittels elektrischer Hochleistungsbaustellenheizungen, die in den Wintermonaten noch einmal mit zusätzlichen Dieselöfen unterstützt wurden. Die korrekten Schichtdicken wurden während der Arbeiten nachgemessen.
Wie neu
Besucht man heute den mustergültig sanierten Bau, kann man sich kaum vorstellen, dass dieser über 50 Jahr alt ist. Zu bewundern ist die Akribie der Architekten Silvio Schmed und Arthur Rüegg, mit der sie die Bausubstanz so präzise wie möglich erhielten.Robert Mehl, Aachen