Project:
Contact:
via mail ✉
Object:
#countergatereturn
Type:
Neue Schalterschranken dank Corona
Location:
überall
Country:
weltweit
Architect:
leider keiner
Materials:
Plexiglas, Holz
Published:
db 07-08/2020
Pages:
8
Content:
Architektonische Folge der Spanischen Grippe?
#countergatereturn
[no english version available]
Wir erinnern uns: Die gläsernen Schalterschranken waren früher allgegenwärtig! Sie verschwanden mit als letztes auf der Post zu Anfang des neuen Jahrtausends: Trennwände galten als unpersönlich, ein unmittelbarer Kundenkontakt war gewünscht. Mit Ausbruch der Corona- Pandemie erlebten diese jedoch eine in der Geschwindigkeit rekordverdächtige Renaissance. Die heutigen Exemplare sind nur ausgesprochen unattraktiv, denen man sofort ansieht, dass Pragmatik die gestaltende Hand war und keine ästhetisch geschulte. Letztere ist aber zweifellos gefordert und wird mit Sicherheit wie unlängst in der Haute Couture mit den Schutzmasken geschehen, das Heft mehr oder weniger gelungen übernehmen.
Leider zerschlug sich die erste Theorie des Autors mit einer Anfrage beim Deutschen Postmuseum: Gleichwohl die gläsernen Schalterabtrennungen tatsächlich in den 1920er Jahren aufkamen, waren sie mitnichten eine Reaktion auf die damals grassierende Spanische Grippe. Vielmehr stellten sie die erste Stufe eines Rückbaus des hermetisch verschlossenen Ausgabeschalters dar. Im 19. Jahrhundert waren es noch vollkommen separate Raumeinheiten, bei denen Kunde und Verkäufer ausschließlich über eine kleine Ausgabeöffnung in Kontakt waren. Wollte man tatsächlich Blickkontakt aufnehmen, musste man sich zu dieser hinunterbeugen. Gut erinnerlich ist diese Geste aus zahllosen Fahrkartenkaufszenen der Schwarzweiß- Film- Ära. Der Ursprung dieser separierten Architektur liegt in den dort verwahrten Werten, denn das Bargeld galt es vor einem räuberischen Zugriff zu schützen. Dabei ist die Annahme Glastrennwände einem gesteigerten, grippebedingten Hygieneempfinden zuzuschreiben, nicht weit hergeholt. Zwar harrten vor gut 100 Jahren die Viren noch einige Jahre auf ihre wissenschaftliche Entdeckung, dennoch empfahlen die Gesundheitsbehörden schon damals eine gesteigerte Reinlichkeit. So war seinerzeit im besonders schwer getroffenem Seattle das Tragen von Mundschutz - insbesondere in der Straßenbahn - obligat. Im Wikipedia- Eintrag zur „Spanische Grippe“ findet sich besipielhaft das Foto eines Mannes, dem der Tramzutritt verwehrt wird - eben weil er keine Maske trägt. Geschichte wiederholt sich doch: Im April wurde der Autor wegen dem versehentlichen Nichttragen eines Mundschutzes nicht unhöflich aber bestimmt eines Ladenlokals verwiesen.
Robert Mehl, Aachen
https://www.db-bauzeitung.de
Leider zerschlug sich die erste Theorie des Autors mit einer Anfrage beim Deutschen Postmuseum: Gleichwohl die gläsernen Schalterabtrennungen tatsächlich in den 1920er Jahren aufkamen, waren sie mitnichten eine Reaktion auf die damals grassierende Spanische Grippe. Vielmehr stellten sie die erste Stufe eines Rückbaus des hermetisch verschlossenen Ausgabeschalters dar. Im 19. Jahrhundert waren es noch vollkommen separate Raumeinheiten, bei denen Kunde und Verkäufer ausschließlich über eine kleine Ausgabeöffnung in Kontakt waren. Wollte man tatsächlich Blickkontakt aufnehmen, musste man sich zu dieser hinunterbeugen. Gut erinnerlich ist diese Geste aus zahllosen Fahrkartenkaufszenen der Schwarzweiß- Film- Ära. Der Ursprung dieser separierten Architektur liegt in den dort verwahrten Werten, denn das Bargeld galt es vor einem räuberischen Zugriff zu schützen. Dabei ist die Annahme Glastrennwände einem gesteigerten, grippebedingten Hygieneempfinden zuzuschreiben, nicht weit hergeholt. Zwar harrten vor gut 100 Jahren die Viren noch einige Jahre auf ihre wissenschaftliche Entdeckung, dennoch empfahlen die Gesundheitsbehörden schon damals eine gesteigerte Reinlichkeit. So war seinerzeit im besonders schwer getroffenem Seattle das Tragen von Mundschutz - insbesondere in der Straßenbahn - obligat. Im Wikipedia- Eintrag zur „Spanische Grippe“ findet sich besipielhaft das Foto eines Mannes, dem der Tramzutritt verwehrt wird - eben weil er keine Maske trägt. Geschichte wiederholt sich doch: Im April wurde der Autor wegen dem versehentlichen Nichttragen eines Mundschutzes nicht unhöflich aber bestimmt eines Ladenlokals verwiesen.
Robert Mehl, Aachen
https://www.db-bauzeitung.de