Project:
Contact:
Object:
Type:
museum
Location:
Weimar [satellite]
Country:
Germany
Architect:
Heike Hanada 🔗, Berlin
Materials:
precast-concrete-elements, glass
Published:
Beton Bauteile 2020
Pages:
46 - 51
Content:
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Bauhaus- Museum, Weimar

Monolithische Moderne

Das Bauhaus- Museum in Weimar überrascht, da man irgendein weißes Gebäude mit viel Glas erwartet. Doch der Sichtbetonbau ist nur der Modernisten- Maxime „form follows function“ treu. Hier hält er konstruktiv, dem Kuratoren- und Restauratorenwunsch folgend, Tageslicht von den Ausstellungsobjekten fern.
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„Grundsätzlich wollen Ausstellungsmacher, aber auch Restauratoren Tageslicht vermeiden; erstere häufig aus Gründen der Dramaturgie, die zweiten aufgrund des UV- Schutzes der Exponate. Besitzt eine Ausstellung nun Fenster, gar große Glasflächen oder auch Oberlichter werden diese spätestens mit Einrichtung der Exponate mehr oder weniger dauerhaft verhangen!“, so begründet Prof. Heike Hanada den Umstand, warum das von ihr entworfene neue Bauhaus- Museum in Weimar so ein unerwartet monolithischer Baukörper mit wenig Fensteröffnungen ist.
Bewusst hat sie sich auch gegen die landläufige Erwartungshaltung entschieden, dass ein Gebäude zur Geschichte des Bauhauses automatisch weiß sein und aus viel Glas bestehen muss.
Vielmehr ist der Baukörper nunmehr mit einer Sichtbetonfassade aus gestapelten Fertigteilen verkleidet. Rhythmisch gegliedert durch Scheinfugen wird er zudem nachts kaum vage durch eingelassene, schwach glimmende LED- Bänder illuminiert.
Form follows function
Tatsächlich entwickelte Hanada das Gebäude – und letztlich auch seine Fassade – aus dem Inneren heraus; ihr Fokus lag auf der Konzeption optimaler Grundrisse für dieses spezielle Museum. So kann man ihr attestieren, dass dieser in seiner äußeren Anmutung vielleicht unerwartete Bau durchaus der bekannten Lehre des dritten Bauhausdirektors Mies van der Rohe – Form follows function – entspricht.
Sie platzierte die Ausstellung in den drei Obergeschossen, im Erdgeschoss finden sich der barrierefreie Haupteingang, der Shop sowie die Ausstellung der Topographie der Moderne. Über zwei separate Treppen gelangt man in das Untergeschoss, wo sich das Museumscafé, die Toiletten, die Schließfächer und weitere Nebenräume befinden. Das loungeartige Café ist über eine große Glasfront belichtet, die sich zum Park hin öffnet. Erschlossen wird die Ausstellung über einläufige Treppen, die nicht in einem Treppenhaus zusammengefasst sind, sondern immer nur zwischen zwei Geschossen verlaufen und im Gebäude scheinbar beliebig einander zugeordnet sind. Für den direkten Weg in das oberste Geschoss sind entsprechend wiederholt kleinere Passagen durch die Ausstellung von einer Treppe zur nächsten erforderlich.
Die Ausstellung ist als Einbahnstraße organisiert; wieder hinunter gelangt man über eine einläufige Treppenkaskade an der Westseite des quaderförmigen Volumens, die zwischen der Fassade und den Ausstellungsflächen als räumliche Trennung angeordnet ist. Belichtet wird dieses, auch als erster Rettungsweg fungierende Treppenhaus über drei bodenbündige Fenster auf den Geschossabsätzen; diese verteilen sich diagonal über die Westfassade.
Fertigteil auf Fertigteil
Der Ortbetonrohbau des insgesamt 45 m breiten, 27 m tiefen und 23 m hohen Betonquaders ist von einer selbsttragenden Betonfertigteilfassade eingefasst, die infolge ihres enormen Gewichts auf einem separaten Fundament steht. Die gut 400 Elemente wurden von Hemmerlein Ingenieurbau GmbH aus Grafenwöhr erstellt und umfassen rd. 3.500 m² Fläche. Wichtig waren bei der Fassade insbesondere die Scharfkantigkeit der Fugen, die maßliche Exaktheit der Elemente und deren exakte weiß-graue Färbung. Dazu wurden durch den Hersteller Rezepturen gewählt, die mit ihren Schwindeigenschaften genau für die Schalungen ausgewählt waren; die geforderte Färbung erreichte man mit Hilfe eines Weißzementes.
Die Materialwahl fiel hier auf den Weißzement der Firma CRH aus dem slowakischen Rohožník. Die genaue Rezeptur wird durch das Unternehmen nicht kommuniziert; es wurde nur so viel verraten, dass auf den Einsatz von Pigmenten aus betontechnologischen und fertigungstechnischen Gründen verzichtet wurde und stattdessen eine marginale Beimischung eines weiteren Zementes erfolgte. Zudem weist CRH darauf hin, dass bei der Produktion seines Weißzements 15-20 % weniger CO2 emittiert wird als bei den meisten anderen europäischen Produzenten. Eine umweltbewusste Haltung, die im Sinne der Firma Hemmerlein ist, da sie sich ebenfalls der Nachhaltigkeit verpflichtet sieht und mit dieser Zementwahl einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz leistet.
Neben der Produktion und der Montage war eine einheitliche Farbigkeit des Betons von zentraler Bedeutung. Zu beachten war hier die kontinuierliche Karbonatisierung zwischen der Bauteilproduktion, der Zwischenlagerung der Bauteile bis hin zu deren Transport nach Weimar und ihrer Montage an der Baustelle. Hier war das Unternehmen bestrebt, die Zeitintervalle über alle Produktionsabläufe hinweg zu vereinheitlichen, um so die unvermeidliche Farbveränderung annähernd identisch zu halten.
Alterung und Graffitischutz
Architektin und Bauherr wünschen sich, dass die Betonfassade gleichmäßig altert und eine materialtypische Patina ansetzt, weshalb die sorgfältig produzierten Betonfertigteile werkseitig keine Oberflächenbearbeitung erhielten. Da jedoch Vandalismus nicht auszuschließen ist, wurde im folgenden Sommer auf die gesamte Fassade ein Graffitischutz appliziert. Dieser reicht bis hinauf zur Attika, um den Bau auch vor hoch aufsteigenden Farbbeutelwürfen zu schützen. Die Vollversiegelung geschieht aber auch mit Blick auf eine homogene Farbigkeit: Glanzwechsel, die durch eine nur partielle Oberflächenbehandlung entstehen, wollte man vermeiden.
Licht statt Glas
Mit dem Einsetzen der Dämmerung beginnen 24 horizontale Lichtbänder, die in die Fassade eingelassen sind, subtil zu glimmen. Sie suggerieren eine entmaterialisierte Transparenz, die überdies an die Maschinen- Menschen- Schöpfungs- Szene im Film Metropolis von Fritz Lang erinnert: Der Film entstand zwar unabhängig von der Hochzeit des Bauhauses, jedoch während dieser Zeit. Obwohl mit dieser Technologie natürlich auch eine computergesteuerte, durchaus farbige Animation möglich wäre, wird von der Architektin und dem Bauherrn nur ein durchgehend monochrom weißes Licht gewünscht.
Robert Mehl, Aachen