Project:
Contact:
via mail ✉
Object:
KaDeWe 🔗
Type:
shopping mall
Location:
Vienna [satellite]
Country:
Austria
Architect:
OMA 🔗, Rotterdam
Materials:
concrete, steel, glass
Published:
baublatt 06.07.2022
Pages:
online
Content:
KaDeWe Wien soll anders heißen
Kein Westen im Osten
Derzeit entsteht in Wien nach den Entwürfen des niederländischen Büros OMA ein neues Großkaufhaus, das den Arbeitstitel "KaDeWe Wien" trägt. Vorbild ist der gleichnamige Berliner Bau, der sich im Besitz derselben Investoren befindet. Doch die Namenswahl findet keinen Anklang.
[no english version available]
Fällt der Name "KaDeWe", denkt man sofort an das 1907 von Adolf Jandorf gegründete "Kaufhaus des Westens". Er wollte „die verwöhnten Ansprüche der oberen Zehntausend, der obersten Eintausend, der allerobersten Fünfhundert“ im ausgehenden deutschen Kaiserreich befriedigen, wie es seinerzeit die Berliner Wochenzeitschrift "Roland" vermerkte. Die Namenswahl hatte also nicht erst während des Kalten Krieges stattgefunden, vielmehr zielte sie auf die damals neugegründeten Stadtteile Charlottenburg, Tiergarten und Wilmersdorf ab. Gemeinhin wurden sie unter dem Begriff "Neuer Westen" zusammengefasst und galten als ausgesprochen wohlhabend.
Die weit über einhundertjährige Geschichte des KaDeWe war von zahlreichen Eigentumswechseln geprägt. Aktuell gehört das Kaufhaus, das als das Größte von Europa und als das Zweitgrößte der Welt gilt, anteilig der thailändischen (Central Group 50,1%) und der österreichischen Signa Holding (49,9%). Letztere von René Benko geführt, errichtet derzeit in Wien an prominenter Stelle ein neues Shoppingcenter, das jedoch explizit kein Luxus-, sondern ein "demokratisches Kaufhaus" werden soll. Mit dessen Planung wurde das niederländische und 1975 von Rem Koolhaas gegründete Architekturbüro OMA - Office for Metropolitan Architecture beauftragt. In dem Entwurf wird die Gesamtnutzfläche von 58.000 Quadratmetern in zwei Baukörpern aufgeteilt: In dem größeren Volumen ist der Einzelhandel untergebracht, in dem kleineren ein Hotel mit 150-165 Zimmern. Im gemeinsamen Untergeschoss sahen die Planer eine Tiefgarage mit 327 Stellplätzen vor.
Städtebaulich prägnant werden vor allem die künftigen, teilweise bewusst konsumfrei gelassenen Dachgärten der ansonsten äußerlich stark geschlossen Architektur sein. Das an der Straßenecke Mariahilfer- Straße / Karl- Schweighöfer- Gasse liegende Ensemble besitzt nach außen kaum Fenster. Es wird jedoch von einem halboffen angelegten, neuen Straßenzug durchschnitten, der die beiden erwähnten Volumina voneinander trennt und der von herabhängenden Gärten charakterisiert ist.
In dieser Bauteilzäsur enden auch die zwei großen, mehrgeschossigen Einkaufspassagen, wovon die eine parallel zur Karl- Schweighöfer- Gasse, die andere hingegen im spitzen Winkel zu dieser verläuft. Entlang dieser fußläufigen Achsen ist der Einzelhandel untergebracht. Die vertikale Erschließung der insgesamt sieben Ebenen erfolgt über zwei, sich nach oben weitende, trichterartige Lufträume.
Zweifellos wollten die Investoren mit der Namenswahl an die große Berliner Kaufhaustradition, für die das KaDeWe steht, anknüpfen. Allerdings finden sich mit "Gerngross" oder "Herzmansky" nicht minder schillernde Namen ehemaliger und einstmals großer Kaufhäuser in unmittelbarer Rufweite zur Benko- Immobilie. Hier sei die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Marketingidee gestellt.
Tatsächlich entzündet sich das öffentliche Unbehagen an der Zielgruppenorientierung "Westen" im ausgeschriebenen Namen. Der Staatsnamen Österreich leitet sich aus dem Althochdeutschen "Ostarrichi" ab, einer Gebietsbezeichnung die sich erstmals 996 n. Chr. in einer Schenkungsurkunde von Kaiser Otto III. an den Bischof von Freising findet. Frei übersetzt bedeutet es so viel wie das "Östliche Reich". Überhaupt haben polemische Zuweisungen, was der Westen kann und der Osten nicht, derzeit einen schalen Beigeschmack. Vor diesem Hintergrund wollen die Namensverantwortlichen in sich gehen und im Laufe dieses Jahres einen geeigneten neuen Namen präsentieren.
Robert Mehl, Aachen
https://www.baublatt.ch/bauprojekte/grosskaufhaus-kadewe-wien-kein-westen-im-osten-32961
Die weit über einhundertjährige Geschichte des KaDeWe war von zahlreichen Eigentumswechseln geprägt. Aktuell gehört das Kaufhaus, das als das Größte von Europa und als das Zweitgrößte der Welt gilt, anteilig der thailändischen (Central Group 50,1%) und der österreichischen Signa Holding (49,9%). Letztere von René Benko geführt, errichtet derzeit in Wien an prominenter Stelle ein neues Shoppingcenter, das jedoch explizit kein Luxus-, sondern ein "demokratisches Kaufhaus" werden soll. Mit dessen Planung wurde das niederländische und 1975 von Rem Koolhaas gegründete Architekturbüro OMA - Office for Metropolitan Architecture beauftragt. In dem Entwurf wird die Gesamtnutzfläche von 58.000 Quadratmetern in zwei Baukörpern aufgeteilt: In dem größeren Volumen ist der Einzelhandel untergebracht, in dem kleineren ein Hotel mit 150-165 Zimmern. Im gemeinsamen Untergeschoss sahen die Planer eine Tiefgarage mit 327 Stellplätzen vor.
Städtebaulich prägnant werden vor allem die künftigen, teilweise bewusst konsumfrei gelassenen Dachgärten der ansonsten äußerlich stark geschlossen Architektur sein. Das an der Straßenecke Mariahilfer- Straße / Karl- Schweighöfer- Gasse liegende Ensemble besitzt nach außen kaum Fenster. Es wird jedoch von einem halboffen angelegten, neuen Straßenzug durchschnitten, der die beiden erwähnten Volumina voneinander trennt und der von herabhängenden Gärten charakterisiert ist.
In dieser Bauteilzäsur enden auch die zwei großen, mehrgeschossigen Einkaufspassagen, wovon die eine parallel zur Karl- Schweighöfer- Gasse, die andere hingegen im spitzen Winkel zu dieser verläuft. Entlang dieser fußläufigen Achsen ist der Einzelhandel untergebracht. Die vertikale Erschließung der insgesamt sieben Ebenen erfolgt über zwei, sich nach oben weitende, trichterartige Lufträume.
Zweifellos wollten die Investoren mit der Namenswahl an die große Berliner Kaufhaustradition, für die das KaDeWe steht, anknüpfen. Allerdings finden sich mit "Gerngross" oder "Herzmansky" nicht minder schillernde Namen ehemaliger und einstmals großer Kaufhäuser in unmittelbarer Rufweite zur Benko- Immobilie. Hier sei die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Marketingidee gestellt.
Tatsächlich entzündet sich das öffentliche Unbehagen an der Zielgruppenorientierung "Westen" im ausgeschriebenen Namen. Der Staatsnamen Österreich leitet sich aus dem Althochdeutschen "Ostarrichi" ab, einer Gebietsbezeichnung die sich erstmals 996 n. Chr. in einer Schenkungsurkunde von Kaiser Otto III. an den Bischof von Freising findet. Frei übersetzt bedeutet es so viel wie das "Östliche Reich". Überhaupt haben polemische Zuweisungen, was der Westen kann und der Osten nicht, derzeit einen schalen Beigeschmack. Vor diesem Hintergrund wollen die Namensverantwortlichen in sich gehen und im Laufe dieses Jahres einen geeigneten neuen Namen präsentieren.
Robert Mehl, Aachen
https://www.baublatt.ch/bauprojekte/grosskaufhaus-kadewe-wien-kein-westen-im-osten-32961