Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Westdeutscher Rundfunk - WDR
Typ:
Verwaltungsgebäude
Ort:
Köln [Satellit]
Staat:
Deutschland
Architekt:
Materialien:
Altbausanierung mit Betonfertigteilen
Publiziert:
Beton Bauteile 2016-2
Seiten:
42 - 43
Inhalt:
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Ein Interview mit der SSP AG, Bochum

Fertigteile im Neubau: In jedem Fall!

Die Bochumer SSP AG ist ein integral planendes Architekturbüro, bei dem Architekten, Ingenieure und Haustechniker unter einem Dach sitzen. Bei einer Kernsanierung für den WDR arbeitete das Büro mit einer neu vorgehängten Betonfertigteilfassade. Wir trafen die Gesellschafter Matthias Kraemer und Thomas Schmidt zum Gespräch.
Bei dem WDR- Gebäude handelt es sich nicht um einen Neubau, sondern um die Kernsanierung von Bestand aus den 1980ern. Wie ist es zu dem Auftrag gekommen?
Als wir gehört haben, dass hier nur eine so genannte „Pinselsanierung“, also eine Teilsanierung durchgeführt werden soll, sind wir bei dem Bauherrn zunächst als Berater vorstellig geworden. Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie haben wir dann Varianten erstellt und diese durchkalkuliert. Dabei kamen wir zu dem Schluss, dass eine Kernsanierung gegenüber einer Teilsanierung zwar teurer, aber von der Lebenszyklusbetrachtung her, auch finanziell, deutlich vorteilhafter ist.
Stichworte sind zum einen der Werterhalt, bzw. sogar eine Wertsteigerung der Immobilie. Zum anderen kann man durch das bewusste Verarbeiten langlebiger und leicht zu pflegender Materialien sehr gut die Wartungszyklen strecken und den jeweiligen Aufwand herabsetzen. Auch einen Abriss und Neubau haben wir durchgespielt. Aber dagegen erwies sich das nun umgesetzte Modell als die wirtschaftlichere Lösung. Ferner galt zu berücksichtigen, dass es sich bei der Liegenschaft ja um echtes Eigentum der WDR Media Group handelt.
Das heißt, wir haben uns als Architekten die Bauaufgabe quasi selbst verordnet. Allerdings folgte, nachdem die zuständigen Gremien unsere Empfehlung im Rahmen einer 25-Jahres- Betrachtung als gut und sinnvoll bewerteten, zunächst ein architektonischer Ideenwettbewerb. Bei diesem gab es fünf konkurrierende Architekturbüros, aus denen wir als Sieger hervorgingen.
Wie kam es dazu, dass bei diesem Refurbishment Betonfertigteile für die neue Fassade eingesetzt wurden?
Schon bei dem Bestand handelte es sich um eine serielle Metallfassade – es gab also ein Raster, das wir adaptieren konnten. Das war eine bemerkenswerte Mischkonstruktion: Teilweise handelte es sich um eine Pfosten-/Riegelkonstruktion, teilweise um eine metallverblendete Betonwand. Dabei hatte der Bau formal aber keinen elementierten Charakter. Dieses herauszuarbeiten, sahen wir als unsere architektonische Aufgabe an.
Vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit haben wir einer Lochfassade den Vorzug vor einer gläsernen Variante gegeben, die einen deutlich höheren sommerlichen Wärmeeintrag mit sich gebracht hätte.
Auch stellten wir uns die Frage, was diese Fassade können muss. Wir dachten an das innerstädtische Staubaufkommen, die damit einhergehende Verschmutzung und die entsprechende Reinigungsfähigkeit. Und wir prüften die mechanische Beständigkeit: Wie stabil ist die Fassade, insbesondere an ihren unteren Ecken, im öffentlichen Fußgängerbereich? Deshalb schied hier ein äußerlich aufgebrachtes Wärmedämmverbundsystem (WDVS) von vornherein aus.
Das ist die Qualität von uns als integraler Planer, dass wir die Objektplanung und die Haustechnikplanung in einer Kosten-/Nutzenanalyse zusammenführen und bewerten. Dabei haben wir festgestellt, dass wir unter dem Nachhaltigkeitsaspekt, der Wirtschaftlichkeit und der Haltbarkeit eine Betonfassade empfehlen möchten.
Was war für Sie die signifikante Erfahrung bei dem WDR- Projekt?
Das war die unterschiedliche Maßhaltigkeit: Die Präzision mit den geringen Toleranzbereichen im Kontrast zu den riesigen Tolleranzen des Bestandes. Nachdem wir den Bau komplett entkernt hatten, mussten wir das verbleibende Rohbauskelett digital aufmessen und daran den Fassadenentwurf anpassen. Denn schließlich sollte am Ende das Fugenbild aufgehen und der Bestand besaß größere Toleranzen, als für die Fertigteilfassade zumutbar gewesen wäre.
Würden Sie erneut mit Betonfertigteilen arbeiten? Wie sind Ihre Erfahrungen?
Wir haben das bei uns im internen Qualitätskreis des Büros diskutiert. Bei Neubauten würden wir heute sagen „In jedem Fall“, bei Bestandbauten hingegen „kommt drauf an“.
Denn es gab auch bei den Gründungen extreme Herausforderungen. Diese hatten einerseits den Abdichtungsnormen zu entsprechen, sie mussten aber gleichzeitig extrem maßhaltig ausgeführt sein, damit ein Fertigteilhersteller bereit war, darauf seine Bauteile zu platzieren. Denn normalerweise werden diese abgehängt, was bei dieser Kernsanierung aus statischen Gründen ausschied. Bei einer Hängung hätten sie aber keine Abdichtungsprobleme gehabt. So konnte einerseits das abdichtende Unternehmen die Gewährleistung verweigern, andererseits aber der Fertigteilbauer genauso sagen, dass ihm der Unterbau nicht maßhaltig genug ist und ebenfalls seine Garantie verweigern. Letztlich ist es ein allgemeines Synchronisierungsproblem von unterschiedlichen Toleranzschwellen bei vorgefertigten und vor Ort erstellten Bauteilen.
Herr Krämer, Herr Schmidt, wir danken für das Gespräch!
Robert Mehl, Aachen