Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Torre Reforma
Typ:
Hochhaus
Ort:
Mexiko-Stadt [Satellit]
Staat:
Mexiko
Architekt:
L. Benjamin Romano 🔗, Mexiko-Stadt
Materialien:
Stahl, Beton, Glas
Publiziert:
structure 01/2019
Seiten:
4 - 5
Inhalt:
[Artikel]      
 

Torre Reforma, Mexiko- Stadt

Hochhaupreis für Torre Reforma in Mexiko- Stadt

 
Ende vergangenen Jahres wurde der Torre Reforma in Mexiko Stadt als das innovativste Hochhaus der Welt ausgezeichnet. Sein Erbauer, der mexikanische Architekt L. Benjamin Romano nahm den mit 50.000 Euro dotierten Preis der Stadt Frankfurt im November 2018 entgegen. Der Preis wird alle zwei Jahre vergeben. Der Bau sei „ein meisterhafter Ausdruck eines neuen Nachdenkens über das Hochhaus“. So fasst die Jury des Internationalen Hochhauspreises ihre Würdigung zusammen. Aus der Sicht der Experten bringt das 246 m hohe Bauwerk mit 77.000 m² Nutzfläche die mexikanische Kapitale nunmehr „auf die Weltkarte wegweisender Hochhausarchitektur“. Die einen erinnert der Turm an ein aufrecht stehendes, aufgeschlagenes Buch, andere an das traditionelle Design der Azteken.
Städtebaulich ist er Teil eines Häuserblocks, bei dem die zwei nach Norden gewandten, rechtwinklig zueinander stehende Wandscheiben, die mit Öffnungen nur vereinzelt durchbrochen sind, in ihrer Sockelzone gleichzeitig die Brandwände zur Nachbarbebauung bilden. „Tetris“ wird der Turm im lokalen Volksmund genannt, dank seiner schräg abgeschnittenen Turmspitze, die im formalen Kontrast zu seinem prismatischen Grundcharakter steht.
Der 2016 nach achtjähriger Bauzeit eröffnete Bau besetzt das erweiterte südwestliche Eckgrundstück des Paseo del la Reforma mit der Calle Rio Elba. Unter der gleichen Adresse erreicht man einen spätkolonialen Sandsteinbau aus dem Jahr 1929, der unter Denkmalschutz steht und der im Zuge der Baumaßnahmen, um einige Meter verschoben wurde. Etwas vergleichbares geschah Anfang des Jahrtausends am Berliner Potsdamer Platz mit dem wilhelminischen Kaisersaal beim Bau des Sony Centers. So blieb der Kolonialbau vollständig erhalten und wurde zur Eingangshalle des Torre Reforma umgenutzt. Oberhalb seines von einer Attika umrahmten Flachdaches spannt jetzt diagonal die Glasfassade des Hochhauses. Bleibt man in der Buchmetapher, kann man diese als den Blattschnitt betrachten. Das obere Viertel des prismatischen Turmschaftes ist schräg so abgeschnitten, dass sich nordostseitig eine geneigte Dach- bzw. Fassadenfläche ergibt. Der Rohbau der beiden durchgehenden Wandscheiben sowie die geneigte Flanke der Turmspitze wurde massiv aus Stahlbeton in Gleitschalung erstellt und 60 m tief in den Erdboden gegründet.
Winkelzug gegen Erdbebenbr> Im rechten Winkel dieser beiden Wandscheiben sind 13 dreieckige Stahlbetonplatten waagerecht eingespannt, die den Bau zusätzlich aussteifen. Diese, das Hochhaus auch formal gliedernden Horizontalen sind alle vier Geschosse angeordnet und auch an der Fassade ablesbar. Die Ebenen dazwischen wurden in einer „weicheren“ Konstruktionen aus Stahl erstellt:
Mit markanten Diagonalstreben sind diese von den beiden eingangs erwähnten Hauptwandscheiben abgehängt. Als dämpfendes Konstruktionselement erhöht diese eingehängte Stahlkonstruktion zugleich die Erdbebensicherheit. Dessen Bauweise erinnert an einen menschlichen Rumpf, bei dem das Rückrat den Brustkorb trägt und die Rippen die Gewichtskräfte dorthin übertragen, äußere Erschütterungen werden zudem wie Stoßdämpfer abgefedert. Tatsächlich hat der Architekt Romano seine Konstruktion in einem Interview mit einem Damen- BH verglichen, was etwa dasselbe beschreibt.
In fünf Bereichen fügte der Architekt zwischen den aufrecht stehenden Wandwinkel auf der Nordseite keine geschlossenen Geschossebenen ein. Er beließ sie „leer“. Die unterste dieser Leerstellen definiert den Sockel, in dem der der denkmalgeschützte Altbau als neuer Eingang sitzt. Darauf folgen drei Terrassenebenen, von denen die mittlere eine doppelte Geschosshöhe aufweist. Die obere, fünfte Terrasse füllt die Turmspitze aus und ist geprägt von der nach Nordosten gewandten Pultdachuntersicht. Die Rückwand dieser Terrasse ist der andere Schenkel des über 200 hohen Wandwinkels. Er bildet den Ortgang zwischen der Pultdachtraufe und dem First an der südwestlichen Turmkante.
Mit dem Internationalen Hochhauspreis der Stadt Frankfurt wurde nicht zuletzt auch der nachhaltige Ansatz des Torre Reforma gewürdigt. Das Gebäude hat bereits das LEED- Zertifikat des U.S. Green Building Council in Platin erhalten.
Robert Mehl, Aachen