Projektart:
Anfrage:
per mail ✉
Objekt:
Topographie des Terrors
Typ:
Gedenkstätte
Ort:
Berlin [Satellit]
Staat:
Deutschland
Architekt:
Peter Zumthor 🔗, Haldenstein
Materialien:
Betonfertigteile
Publiziert:
BFT 01/2005
Seiten:
6 - 8
Inhalt:
Vision aus Betonfertigteilen am Ende
"Topographie des Terrors" wird Opfer der Abrissbirne
Neben der Gedenkstätte für die ermordeten Juden Europas, die im kommenden Mai in Berlin eröffnet werden wird, sollte die deutsche Kapitale ein zweites bedeutendes Mahnmal aus Betonfertigteilen erhalten: die Gedenkstätte „Topographie des Terrors“ des Schweizer Architekten Peter Zumthor. Nach dem endgültigen Aus für dieses fast zwölf Jahre alte Prestigeprojekt begann im Dezember der Abriss der bereits errichteten Rohbauteile. Die jüngsten Entwicklungen sind nicht nur ein großer Verlust für die kollektive Erinnerung und die deutsche Kulturlandschaft, die Betonfertigteilindustrie verliert auch eine große Chance, auf ihre besondere Leistungsfähigkeit hinzuweisen.
Wenn im kommenden Mai der Stelenwald von Peter Eisenman eröffnet wird und die in ihrer Perfektion so unwirklich wirkenden, anthrazitfarbenen Betonquader uns alle an den Tod von Abermillionen von Juden in Europa erinnern werden, dann wird nicht weit davon entfernt ein anderes Mahnmal schon wieder Geschichte sein. Im vergangenen Monat begann der Abriss der Rohbaurudimente der Gedenkstätte „Topographie des Terrors“ auf dem Prinz- Albrecht- Gelände, dem Ort, an dem sich in der NS- Zeit die Schalt- und Folterzentrale der Gestapo befand. Die drei schon errichteten Treppenhäuser dieses sinnfälligen Projektes des Schweizer Architekten Peter Zumthor werden derzeit wieder abgetragen. Ihrer Zerstörung vorangegangen war ein fast sechsjähriger Baustopp, dessen Ursache die Insolvenz der ersten Baufirma war. Nachdem auch die zweite Baufirma diesem Schicksal erlag, beschloss nach jahrelangen Auseinandersetzungen im letzten Sommer der Berliner Senat offiziell die Nichtrealisierung des, so mutmaßen viele, bewusst verschleppten, weil ungeliebten Bauvorhabens. Es galt noch die Weihen des Bundesverfassungsgerichtes abzuwarten, welches im November feststellte, dass die Entscheidung der Berliner Regierung keine Ehrverletzung für den Architekten bedeute, dann konnten die Bagger anrollen. Auch ein in letzter Minute verfasster Appell von 25 namhaften Architekten aus der gesamten Welt (darunter Sir Norman Foster, Renzo Piano und Richard Meier) konnte das nicht verhindern.
Die Dokumentation „Topographie des Terrors“ soll nun anders – realisierbarer – in Szene gesetzt werden. Ein neuer Wettbewerb soll ausgelobt werden, für dessen Umsetzung erneut die bereits veranschlagten 19,4 Mio. Euro in Aussicht gestellt werden.
Auf der Strecke geblieben ist ein kühner Bau aus Betonfertigteilen, dessen Konstruktion einen ungeahnten Leuchtturmcharakter für die gesamte Fertigteilindustrie hätte besitzen können. Der Entwurf sah einen knapp 120 m langen und etwa 20 m hohen Riegel vor, der die ausgegrabenen Grundmauern und Kellerreste des Prinz- Albrecht- Palais sowie dessen Besucher künftig vor der Witterung schützen sollte. Auch zukünftig sollten die Ruinen frei vom Erdgeschoss aus zugänglich sein. Der Bau sollte lediglich den Charakter einer Hülle besitzen, die freilich im Obergeschoss auch Verwaltungseinrichtungen und Sonderaustellungsräume besaß.
Konstruktiv bestanden hätte das Gebäude aus einer schier unendlichen Anzahl von Fertigteilstäben der Kantenlänge 24 x 34 cm, die abwechselnd vertikal als Stützen oder horizontal als Träger eingesetzt worden wären. Das horizontale und das vertikale Tragwerk hätten sich dabei wie zwei ineinander gesteckte Kämme durchdrungen. In der Schnittachse wären die einzelnen vorperforierten Fertigelemente mit einem speziellen Hohlschraubensystem zunächst verbunden worden. Abschließend hätte man mit einem durchlaufenden, 120 m langen Spannkabel alle Knotenverbindungen unter Zugspannung gesetzt. Nach den Berechnungen des Tragwerksplaners Jörg Schlaich hätte der daraus resultierende Druck auf die lediglich geschliffenen Auflageflächen ausgereicht, um allein mit der Bauteilreibung alle Betonelemente biegesteif miteinander zu verbinden. Lediglich die Knotenausführung hätte somit für die Stabilität des gesamten Stabwerkes gesorgt und die als Vierendelträger gerechnete Deckenkonstruktion überhaupt erst statisch wirksam gemacht. Die Breite der Deckenträger hätte auch die Weite der nur 24 cm messenden Öffnungen zwischen den vertikalen Betonstützen vorgegeben. Sie wären mit Glas geschlossen worden. Obwohl sich das Gebäude nach außen als fensterloser Monolith dargestellt hätte, wäre der Innenraum unerwartet hell erschienen, da der Glasanteil der Fassade 50 % betragen hätte.
Gescheitert ist das Objekt, so sagen die einen, an der Realitätsferne des Entwurfes. Diese ließ die Kosten ins Unermessliche wachsen. Der Architekt hält dagegen, dass er bis zuletzt den ursprünglich ermittelten Kostenrahmen von 38,9 Mio. Euro hätte halten können. Leider sei das Land Berlin nie ernsthaft dazu bereit gewesen, diese tatsächlich benötigte Summe auch bereitzustellen. Es hätte die Beauftragung der Unternehmen allein von den Kosten abhängig gemacht und völlig außer Acht gelassen, ob die Firmen überhaupt das Know-how besäßen, einen solchen Bau zu realisieren. Qualifizierte Anbieter wären so aus dem Vergabeverfahren gedrängt worden.
Robert Mehl, Aachen
Die Dokumentation „Topographie des Terrors“ soll nun anders – realisierbarer – in Szene gesetzt werden. Ein neuer Wettbewerb soll ausgelobt werden, für dessen Umsetzung erneut die bereits veranschlagten 19,4 Mio. Euro in Aussicht gestellt werden.
Auf der Strecke geblieben ist ein kühner Bau aus Betonfertigteilen, dessen Konstruktion einen ungeahnten Leuchtturmcharakter für die gesamte Fertigteilindustrie hätte besitzen können. Der Entwurf sah einen knapp 120 m langen und etwa 20 m hohen Riegel vor, der die ausgegrabenen Grundmauern und Kellerreste des Prinz- Albrecht- Palais sowie dessen Besucher künftig vor der Witterung schützen sollte. Auch zukünftig sollten die Ruinen frei vom Erdgeschoss aus zugänglich sein. Der Bau sollte lediglich den Charakter einer Hülle besitzen, die freilich im Obergeschoss auch Verwaltungseinrichtungen und Sonderaustellungsräume besaß.
Konstruktiv bestanden hätte das Gebäude aus einer schier unendlichen Anzahl von Fertigteilstäben der Kantenlänge 24 x 34 cm, die abwechselnd vertikal als Stützen oder horizontal als Träger eingesetzt worden wären. Das horizontale und das vertikale Tragwerk hätten sich dabei wie zwei ineinander gesteckte Kämme durchdrungen. In der Schnittachse wären die einzelnen vorperforierten Fertigelemente mit einem speziellen Hohlschraubensystem zunächst verbunden worden. Abschließend hätte man mit einem durchlaufenden, 120 m langen Spannkabel alle Knotenverbindungen unter Zugspannung gesetzt. Nach den Berechnungen des Tragwerksplaners Jörg Schlaich hätte der daraus resultierende Druck auf die lediglich geschliffenen Auflageflächen ausgereicht, um allein mit der Bauteilreibung alle Betonelemente biegesteif miteinander zu verbinden. Lediglich die Knotenausführung hätte somit für die Stabilität des gesamten Stabwerkes gesorgt und die als Vierendelträger gerechnete Deckenkonstruktion überhaupt erst statisch wirksam gemacht. Die Breite der Deckenträger hätte auch die Weite der nur 24 cm messenden Öffnungen zwischen den vertikalen Betonstützen vorgegeben. Sie wären mit Glas geschlossen worden. Obwohl sich das Gebäude nach außen als fensterloser Monolith dargestellt hätte, wäre der Innenraum unerwartet hell erschienen, da der Glasanteil der Fassade 50 % betragen hätte.
Gescheitert ist das Objekt, so sagen die einen, an der Realitätsferne des Entwurfes. Diese ließ die Kosten ins Unermessliche wachsen. Der Architekt hält dagegen, dass er bis zuletzt den ursprünglich ermittelten Kostenrahmen von 38,9 Mio. Euro hätte halten können. Leider sei das Land Berlin nie ernsthaft dazu bereit gewesen, diese tatsächlich benötigte Summe auch bereitzustellen. Es hätte die Beauftragung der Unternehmen allein von den Kosten abhängig gemacht und völlig außer Acht gelassen, ob die Firmen überhaupt das Know-how besäßen, einen solchen Bau zu realisieren. Qualifizierte Anbieter wären so aus dem Vergabeverfahren gedrängt worden.
Robert Mehl, Aachen