Projektart:
Anfrage:
Objekt:
tamedia Verlag
Typ:
Büro- und Verwaltungsgebäude
Ort:
Zürich [Satellit]
Staat:
Schweiz
Architekt:
Shigeru Ban 🔗 Tokio
Materialien:
Holz, Stahl, Glas
Publiziert:
BS 02/2013
Seiten:
42 - 43
Inhalt:
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Neubau Tamedia Verlagsgebäude in Zürich

Brennendes Tragen

Im hochurbanen Innenstadtzentrum von Zürich hat das Schweizer Medienunternehmen Tamedia AG seinen Verlagssitz um einen siebengeschossige Anbau erweitert - aus Holz! Obwohl die tragende Konstruktion in keiner Weise verkleidet und somit brennbar ist, erfüllt der Bau alle Brandschutzbestimmungen.
Schon seit dem Jahr 2005 gelten in der Schweiz neue Brandschutzvorschriften. Sie erkennen an, dass Holzbauten auch im Brandfalle als grundsätzlich sicher einzustufen sind. Nach der neuen Rechtslage ist nicht allein maßgebend, dass Holz brennen kann, vielmehr zählt nun dessen Tragverhalten unter Brand. So brennt der nachwachsende Rohstoff langsam und durchaus berechenbar ab. Der zwar immer geringer werdende Restquerschnitt behält auch unter hohen Temperaturen seine Festigkeit. Ein Feuer führt zu der bekannten Kohleschicht, die eine isolierende Funktion besitzt. Zudem tritt aus dem Holz seine Restfeuchte in Form von Wasserdampf aus. Zusammen mit der ohnehin geringen Wärmeleitfähigkeit des Materials haben diese drei Eigenschaften eine brandhemmende Wirkung. Brennendes Holz qualmt im Vergleich zu anderen Materialien zudem relativ wenig und ist auch kaum toxisch. Ein Umstand, den man von Lagerfeuern her kennt und der zu den zahlreichen Qualmopfern bei regulären Bränden führt: Viele unterschätzen dessen giftige Wirkung aus genau jener Erfahrung.
Nachhaltige Ziele
Mit der Erweiterung seines Unternehmenssitzes in Zürich hat das Schweizer Verlagshaus Tamedia auf Basis der neuen Brandschutzbestimmungen das erste siebengeschossige Verwaltungsgebäude aus Holz in der Schweiz erstellt. Der auf einer Grundfläche von rund 680 m² errichtete Skelettbau aus Leimholzbindern bietet Platz für 300 Mitarbeiter. Der Medienkonzern wünschte sich als bauliche Entsprechung medialer Ideale wie Transparenz und Offenheit eine Glasfassade. Gleichzeitig sollte das Gebäude Ressourcen schonend, weitgehend CO2-neutral und damit möglichst nachhaltig sein. Mit der Planung und Ausführung wurde der japanische Architekt Shigeru Ban im Rahmen eines Direktauftrages betraut.
Auf „kontrollierten Abbrand” dimensioniert
Der Bau ist auf sein Niederbrennen hin angelegt - also auf seinen Totalverlust, sofern die brennenden Bauteile durch ihr Trag- und Qualmverhalten allen Personen ausreichend Zeit gewähren, dasselbe zu verlassen. Ein Einhausen der Tragelemente durch eine Brandschutzummantelung war nicht erforderlich, wohl aber die Schaffung von Brandabschnitten sowie die Einrichtung einer Sprinkleranlage. Baurechtlich führt ein Vorhandensein derselben zur Annahme von 30 min längeren Standzeiten im Brandfalle. Um zu erreichen, dass jede Etage als einzelner Brandabschnitt eingestuft werden kann, füllte man - auch aus Gründen des Schallschutzes - die Zwischendecken mit mineralischem Sand auf. Eine Brandschutzverglasung trennt von diesen Großraumbüroflächen nach Süden hin einen 3,25 m tiefen Bereich ab, der unmittelbar hinter der Glasfassade liegt. Dieser so genannte „Intermediate Space“ nimmt neben zahlreichen kleineren Besprechungszonen auch das Haupttreppenhaus auf. Im Westen wird diese Zone durch ein Fluchttreppenhaus abgeschlossen. Aus statischen, funktionalen, aber auch brandschutztechnischen Gründen besitzt das Gebäude nach Norden hin zudem einen Betonkern. Über diesen wird die vertikale Versorgung der Haustechnik organisiert. Hierin befinden sich die Aufzüge und selbstverständlich ist hier noch ein zweites Fluchtreppenhaus.
Die Hüllen fallen
In Abhängigkeit von ihrem holzartbedingten Brandverhalten müssen Holzbauteile, um die geforderten Brandstandzeiten zu erreichen, größer dimensioniert sein. Auch müssen dreidimensional stark ausgeformte Elemente stärker ausgelegt werden, als etwa ebene Flächen. Ein solches Übermaß hat natürlich unschöne, ästhetische Folgen für die Filigranität einer Konstruktion. Allerdings entfällt damit die noch unattraktivere Brandschutzverkleidung. Eigentlich eine Neuregelung, über die sich Planer nur freuen können!
Robert Mehl, Aachen
http://www.dbz.de