Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Schwabinger Tor
Typ:
Trambahnhaltestelle
Ort:
München [Satellit]
Staat:
Deutschland
Architekt:
Materialien:
Stahl, ETFE-Membrane
Publiziert:
structure 27.11.2019
Seiten:
online
Inhalt:
[Artikel]      
 

Neue Münchener Trambahnhaltestelle Schwabinger Tor

Beschwingtes Warten

Im Zentrum des Münchener Stadtquartiers Schwabinger Tor ist eine neue Trambahnhaltestelle mit angeschlossener Tiefgarage in Betrieb gegangen. Es gibt zwei Regenunterstände, die als spärisch gekrümmte Freiformen in Stahl angelegt sind.
Das neue Stadtquartier Schwabinger Tor an der Leopoldstraße ersetzt einen ehemaligen Großmarkt und ein größeren Hotelkomplex und markiert in seiner modernen Ausprägung nun städtebaulich den Beginn der Münchener Innenstadt.
Alles orientiert sich um einen zentralen Platz, an dem die Trambahngleise eine S- Kurve beschreiben. Genau in deren Taille liegt der neue Straßenhahnhalt. Er besteht aus zwei wettergeschützten Wartezonen, die jeweils von einer sphärisch gekrümmten Freiform aus Stahl schwingengleich überwölbt werden. In heutiger Zeit leider unvermeidliche Klettersperren, die ein Besteigen der flachen Dachneigungen verhindern, fallen hier ausgesprochen dezent und formal schlüssig aus.
Abstrakter Torbogen
Der Entwurf und die Umsetzung des Trambahnhalts stammen von dem Münchener Büro Fischer und Kurzlechner Architekten, die Statik wurde von dem ebenfalls vor Ort ansässigen Büro Barthel und Maus entwickelt. Der Leitgedanke war entsprechend dem Ortsnamen ein Torbogen, bei dem der Scheitel jedoch fehlt und die beidseitigen Haltepunktdächer die Kämpfer bilden - also die Bereiche eines Rundbogens, vor dem eigentlichen Krümmungsbeginn. Im Rahmen der dreidimensionalen Durchformung des grundsätzlichen Entwurfsgedankens durch die Architekten entstanden die nunmehr realisierten Hyparschalen.
Tragwerk
Geometrisch handelt es sich beiden Dächern um Ausschnitte eines einschaligen Hyperbolids. Dessen imaginäre Schnittlinien bilden nunmehr die Randträger, bei dem die Hochpunkte immer die stumpfen Flächenwinkel und die Tiefpunkte immer die jeweiligen Spitzwinkel einnehmen. An den Fußpunkten sind die Träger in einen Auflagerbock eingespannt, um die Dachflächen stützenfrei aufzuspannen. Hier weist der Randträger seinen maximalen Querschnitt auf, an den Scheiteln reduziert sich seine Stärke jedoch bis auf die Höhe der hier angeschlossenen Dachfläche. Zwischen den Randträgern verlaufen zwei Scharen "Geradlinig Erzeugender" - eine Bezeichnung für Flächengeraden, die im räumlich zueinander geneigt sind und damit eine verdrehte Ebene mathematisch definieren. Diese Erzeugenden fungieren hier als Sekundärträger, die die Last der eigentlichen Dachhaut - eine ETFE- Folie - zu den Randträgern führt. Angeschlossen an ihre Unterkonstruktion ist diese Folie lediglich mit einer Keder- Schiene. Da exzentrische Belastungen - wie etwa Seitenwinde - in diesem Tragwerk eine Torsionsbeanspruchung verursachen, wurden alle Träger als Hohlkastenprofile ausgeführt. Im Vorfeld wurde zudem ein Modell der insgesamt sehr leichten Konstruktion in einem Windkanal getestet. Zur Kompensation der festgestellten, segelartigen Effekte der aufstrebenden Flächen wurde insbesondere dessen Verankerung stärker dimensioniert.
Robert Mehl, Aachen
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