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Objekt:
Typ:
Biographie
Ort:
Graubünden
Staat:
Schweiz
Architekt:
Zimmermann, Lehrgerüstbaumeister
Materialien:
Holz
Publiziert:
baublatt 08/2022
Seiten:
32 - 39
Inhalt:
Richard Coray Biographie
Würdigung eines Brückenpioniers
Der Bündner Zimmermann Richard Coray schuf zu Anfang des 20. Jhd. die Lehrgerüste zahlreicher hochalpiner Brücken, darunter die bekannten Schlüsselbauwerke der Rhätischen Eisenbahn. Erstmals ist nun eine umfassende Biographie erschienen, in die ein Werksverzeichnis inkludiert ist.
1896 vollendete Richard Coray (1869 - 1946) sein erstes Brückenlehrgerüst mit einem Knall: Noch während sich Giovanni Gilli, zuständiger Oberingenieur des Kantons Graubünden in der Anreise befand, um Coray von seinem, kurz vorher verlautbarten geplanten Vorhaben abzuhalten, sprengte dieser sein Lehrgerüst nach Vollendung der fertigen Brücke in die Luft. Es gehörte zu der heute noch existenten Versamtobel- Strassenbrücke, rund 20 km westlich von Chur. Dem erbosten Ingenieur Gilli hielt er trocken entgegen, dass er nur einen Vertrag über die Erstellung und Entfernung des Lehrgerüstes besitze, über das "Wie" stünde darin kein Wort.
Tatsächlich sollte dies das erste und letzte Lehrgerüst bleiben, dass Richard Coray in seiner mehr als 44-jährigen Schaffenszeit gesprengt hatte, allerdings ließ ihm seinerzeit die viel zu niedrig angesetzte Entschädigung keine andere Wahl. Dies schreibt Johann Clopath in der weltersten Biographie über dem großen Bündner Zimmermann, die unlängst im Verlag Scheidegger & Spiess erschienen ist. Bei der Auftragsannahme der Versamtobelbrücke war sich Coray durchaus der widrigen Bedingungen bewusst, er sah aber gerade in diesem Projekt eine Chance, Aufmerksamkeit zu erhalten und sich damit als Lehrgerüstzimmermann beim damals bevorstehenden Bau der Albulabahn zu empfehlen.
Tatsächlich erregte das Lehrgerüst in gut 70 Meter Höhe über dem Flüsschen Rabiusa mit seinem außermittigen, auf einem Felsvorsprung fundamentierten Gerüstturm auch eine beachtliche mediale Aufmerksamkeit. In zahlreichen eidgenössischen Zeitungen bis hin zur Zürcher Freitagszeitung fand der Lehrgerüstbau Erwähnung und war Anlass eines regen Baustellentourismus mit kommerziellen Postkutschenfahrten dorthin.
Tatsächlich sollte dies das erste und letzte Lehrgerüst bleiben, dass Richard Coray in seiner mehr als 44-jährigen Schaffenszeit gesprengt hatte, allerdings ließ ihm seinerzeit die viel zu niedrig angesetzte Entschädigung keine andere Wahl. Dies schreibt Johann Clopath in der weltersten Biographie über dem großen Bündner Zimmermann, die unlängst im Verlag Scheidegger & Spiess erschienen ist. Bei der Auftragsannahme der Versamtobelbrücke war sich Coray durchaus der widrigen Bedingungen bewusst, er sah aber gerade in diesem Projekt eine Chance, Aufmerksamkeit zu erhalten und sich damit als Lehrgerüstzimmermann beim damals bevorstehenden Bau der Albulabahn zu empfehlen.
Tatsächlich erregte das Lehrgerüst in gut 70 Meter Höhe über dem Flüsschen Rabiusa mit seinem außermittigen, auf einem Felsvorsprung fundamentierten Gerüstturm auch eine beachtliche mediale Aufmerksamkeit. In zahlreichen eidgenössischen Zeitungen bis hin zur Zürcher Freitagszeitung fand der Lehrgerüstbau Erwähnung und war Anlass eines regen Baustellentourismus mit kommerziellen Postkutschenfahrten dorthin.
Wesen seines Werks
Beeindruckend und kennzeichnend auch für seine späteren, weit größeren Bauten war die artistisch anmutende Tätigkeit der Coray'schen Zimmerleute in Schwindel erregender Höhe ohne Netz und Sicherungsseil. Heutzutage wäre dies aus Gründen des Arbeitsschutzes absolut undenkbar. Bemerkenswert ist, dass aus der aktiven Zeit Richard Corays zwischen 1894 und 1939 nur ein einziger tödlicher Unfall aus dem Jahre 1916 sowie ein schwerer Sturz von Coray selber im Jahre 1928 überliefert ist. Der Hintergrund hierfür mag sein, dass Corays Arbeiter handverlesen und schwindelfrei waren und er selbst bis ins hohe Alter grundsätzlich die jeweils gefährlichsten der anfallenden Baustellenarbeiten eigenhändig ausführte. Er besaß ein intuitives Materialverständnis, verbunden mit hoher handwerklicher Kompetenz und hatte zudem drei Semester Bauingenieurwesen am Polytechnikum Chur studiert, so dass Konstruktionsfehler und Materialfehler als Unfallursachen quasi ausschieden.
Richard Coray stach aber auch mit seiner hochgewachsenen, ebenmäßigen Erscheinung, seiner stoischen Ruhe und seinen Bärenkräften aus der Menge heraus. Vom Bau des Soliser Viadukts, der höchsten Brücke der Albulalinie berichtet der leitende Bauingenieur Hans Studer, dass auf dem Gerüst ein Corayscher Zimmermann ausrutschte und sich im letzten Moment an einem Balken festhalten konnte. Er wurde von seinem sich frei herunterbückenden Meister wie ein Kaninchen gepackt und heraufgezogen. Diese Mischung aus Souveränität, fachlicher Kompetenz und väterlicher Zuwendung verschaffte ihm insbesondere bei seinen Mitarbeitern allergrößten Respekt, was diese wiederum zu handwerklichen Meisterleistungen motivierte.
Beeindruckend und kennzeichnend auch für seine späteren, weit größeren Bauten war die artistisch anmutende Tätigkeit der Coray'schen Zimmerleute in Schwindel erregender Höhe ohne Netz und Sicherungsseil. Heutzutage wäre dies aus Gründen des Arbeitsschutzes absolut undenkbar. Bemerkenswert ist, dass aus der aktiven Zeit Richard Corays zwischen 1894 und 1939 nur ein einziger tödlicher Unfall aus dem Jahre 1916 sowie ein schwerer Sturz von Coray selber im Jahre 1928 überliefert ist. Der Hintergrund hierfür mag sein, dass Corays Arbeiter handverlesen und schwindelfrei waren und er selbst bis ins hohe Alter grundsätzlich die jeweils gefährlichsten der anfallenden Baustellenarbeiten eigenhändig ausführte. Er besaß ein intuitives Materialverständnis, verbunden mit hoher handwerklicher Kompetenz und hatte zudem drei Semester Bauingenieurwesen am Polytechnikum Chur studiert, so dass Konstruktionsfehler und Materialfehler als Unfallursachen quasi ausschieden.
Richard Coray stach aber auch mit seiner hochgewachsenen, ebenmäßigen Erscheinung, seiner stoischen Ruhe und seinen Bärenkräften aus der Menge heraus. Vom Bau des Soliser Viadukts, der höchsten Brücke der Albulalinie berichtet der leitende Bauingenieur Hans Studer, dass auf dem Gerüst ein Corayscher Zimmermann ausrutschte und sich im letzten Moment an einem Balken festhalten konnte. Er wurde von seinem sich frei herunterbückenden Meister wie ein Kaninchen gepackt und heraufgezogen. Diese Mischung aus Souveränität, fachlicher Kompetenz und väterlicher Zuwendung verschaffte ihm insbesondere bei seinen Mitarbeitern allergrößten Respekt, was diese wiederum zu handwerklichen Meisterleistungen motivierte.
Die Anfänge
In seiner nun vorgelegten Biographie beantwortet Johann Clopath erstmals die Frage, wer nun genau dieser als wortkarg überlieferte Zimmermann aus Trin war, der am 30. Juli 1869 als jüngster Sohn des Zuckerbäckers und Bauern Durisch Coray geboren wurde: Der eigentlich auf den rätoromanischen Namen "Risch" getaufte Coray begann zunächst eine Ausbildung als Kaufmann, wechselte jedoch schnell in den Betrieb von Johann Cahenzli, wo er eine Zimmermannslehre machte. 1889 absolvierte er seinen Militärdienst als Sappeur – ein Befestigungspionier – in Liestal. Aus dieser Zeit ist überliefert, dass ihn schon damals der Brückenbau mehr interessierte, als der eigentliche Dienst an der Waffe. Danach besuchte Coray – wie bereits erwähnt – drei Wintersemester lang erfolgreich das Technikum von Winterthur. Das dafür erforderliche Geld verdiente er in den jeweiligen Sommermonaten als Zimmermann.
Coray's erstes eigenes Projekt war der Bau einer Seilriese, einer Seilbahn für Holztransporte. Der Auftrag bestand darin, diese von der Viamala, einem Bergtal in Graubünden, über eine mehrere hundert Meter hohe Steilwand hinweg auf das Hochplateau Mariensäss Breitenberg zu führen. Auch von diesem Projekt ist eine artistische Einlage des angehenden Meisters überliefert: So sollen sich die Laufkatzen des Seilbahnwagens etwa 40 Meter [1] vom Steilhang entfernt verkeilt haben, woraufhin er nur mit Handschuhen bewehrt das Führungsseil entlang rutschte, um etwa 600 Meter über Grund dessen Gängigkeit wieder herzustellen. In späteren Jahren kommentierte er seine todesmutige Schwindelfreiheit trocken: "Ob Du 10 Meter oder 100 Meter todfällst kommt auf dasselbe raus!"
Das schaffen von Seilriesen bzw. von Seilbahnen blieb für Coray zeitlebens ein weiteres Standbein seines Betriebs. Wie zu jener Zeit üblich, führte er die Anlagen mit Holzmasten aus, was den Bezug zur Zimmerei erklärt.
In seiner nun vorgelegten Biographie beantwortet Johann Clopath erstmals die Frage, wer nun genau dieser als wortkarg überlieferte Zimmermann aus Trin war, der am 30. Juli 1869 als jüngster Sohn des Zuckerbäckers und Bauern Durisch Coray geboren wurde: Der eigentlich auf den rätoromanischen Namen "Risch" getaufte Coray begann zunächst eine Ausbildung als Kaufmann, wechselte jedoch schnell in den Betrieb von Johann Cahenzli, wo er eine Zimmermannslehre machte. 1889 absolvierte er seinen Militärdienst als Sappeur – ein Befestigungspionier – in Liestal. Aus dieser Zeit ist überliefert, dass ihn schon damals der Brückenbau mehr interessierte, als der eigentliche Dienst an der Waffe. Danach besuchte Coray – wie bereits erwähnt – drei Wintersemester lang erfolgreich das Technikum von Winterthur. Das dafür erforderliche Geld verdiente er in den jeweiligen Sommermonaten als Zimmermann.
Coray's erstes eigenes Projekt war der Bau einer Seilriese, einer Seilbahn für Holztransporte. Der Auftrag bestand darin, diese von der Viamala, einem Bergtal in Graubünden, über eine mehrere hundert Meter hohe Steilwand hinweg auf das Hochplateau Mariensäss Breitenberg zu führen. Auch von diesem Projekt ist eine artistische Einlage des angehenden Meisters überliefert: So sollen sich die Laufkatzen des Seilbahnwagens etwa 40 Meter [1] vom Steilhang entfernt verkeilt haben, woraufhin er nur mit Handschuhen bewehrt das Führungsseil entlang rutschte, um etwa 600 Meter über Grund dessen Gängigkeit wieder herzustellen. In späteren Jahren kommentierte er seine todesmutige Schwindelfreiheit trocken: "Ob Du 10 Meter oder 100 Meter todfällst kommt auf dasselbe raus!"
Das schaffen von Seilriesen bzw. von Seilbahnen blieb für Coray zeitlebens ein weiteres Standbein seines Betriebs. Wie zu jener Zeit üblich, führte er die Anlagen mit Holzmasten aus, was den Bezug zur Zimmerei erklärt.
Konzeption des Buches
Die 504-seitige, im Format 27 x 30 Zentimeter angelegte Biographie "Der Gerüstbauer Richard Coray (1869 - 1946)" weist 43 farbige und 380 schwarz-weisse Abbildungen sowie Pläne und Zeichnungen auf. Es ist gebunden, gefühlte fünf Kilogramm schwer und wird in einem Schuber geliefert: Es gliedert sich auf in sechs große Kapitel:
- Biografischer Teil (Johann Clopath)
- Konstruktive Beschreibung der Coray'schen Lehrgerüsttypen (Jürg Conzett)
- Lehrgerüstbau der Saginotobelbrücke (Andreas Kessler)
- Bilddokumentation der Lehrgerüstmodelle von Peter Gysi
- Sammlung von weiteren Baustellenbildern
- Anhang mit Werksverzeichnis, Vitae der jeweils baubeteiligten Ingenieure sowie ein Orts- und Personenregister und dezidierten Quellenachweisen
Die 504-seitige, im Format 27 x 30 Zentimeter angelegte Biographie "Der Gerüstbauer Richard Coray (1869 - 1946)" weist 43 farbige und 380 schwarz-weisse Abbildungen sowie Pläne und Zeichnungen auf. Es ist gebunden, gefühlte fünf Kilogramm schwer und wird in einem Schuber geliefert: Es gliedert sich auf in sechs große Kapitel:
- Biografischer Teil (Johann Clopath)
- Konstruktive Beschreibung der Coray'schen Lehrgerüsttypen (Jürg Conzett)
- Lehrgerüstbau der Saginotobelbrücke (Andreas Kessler)
- Bilddokumentation der Lehrgerüstmodelle von Peter Gysi
- Sammlung von weiteren Baustellenbildern
- Anhang mit Werksverzeichnis, Vitae der jeweils baubeteiligten Ingenieure sowie ein Orts- und Personenregister und dezidierten Quellenachweisen
a) Biographie>/i>
Auf den ersten 248 Seiten beschreibt Johann Clopath chronologisch das Leben und Werk des großen, waghalsigen, aber nie übermütigen Zimmermanns. Wie schon aus den zuvor geschilderten Begebenheiten fällt dieser mit alten Fotografien illustrierte Text nicht trocken aus, sondern erinnert vom Stil her eher an Memoiren, die Clopath anhand intensiver Archivrecherche zu einem Gesamtbild zusammenfügt. Hierzu studierte er alte Zeitungen, historische Schriftwechsel der Baubeteiligten und schriftliche Einlassungen, die Zeitgenossen verfasst hatten. Clopath geht weit über das Aufzählen der beruflichen Leistungen von Coray hinaus und stellt ihn zudem als begeisterten Berggänger vor, der zu den Gründungsmitgliedern des Schweizer Alpen- Clubs Priz Terri gehört. Seine alpinen Aktivitäten erklären auch, warum Coray maßgeblich an der Planung und am Bau einer der ersten Schutzhütten überhaupt, nämlich auf der Greina- Hochebene, im Jahr 1925 beteiligt war.
Angesprochen wird im ersten Buchteil auch, wie er seine erste Frau Jakobina Buchli kennenlernte: Während des Baus des Lehrgerüstes des Soliser Viadukts überbrachte sie ihm ein Telegram; da ihre Eltern ein nahegelegenes Wirthaus mit konzessionierter Poststelle betrieben. 1903 heiratete das Paar in der Schlosskapelle in Reichenau, und zwischen 1903 und 1911 gebar sie ihm sieben Kinder, von denen fünf das Erwachsenenalter erreichten.
Wie bereits erwähnt, stürzte Coray 1928 bei dem Versuch eine fallende Messlatte aufzufangen rund 40 Meter einen steilen Hang hinab. Während des sich daran anschliessenden mehrwöchigen Krankenhausaufenthaltes starb seine Frau an einem Schlaganfall. In seinen späten Jahren heiratete er ein zweites Mal, verlegte sich auf das Imkern und verstarb am 3. Oktober 1946 in Davos- Wiesen.
Auf den ersten 248 Seiten beschreibt Johann Clopath chronologisch das Leben und Werk des großen, waghalsigen, aber nie übermütigen Zimmermanns. Wie schon aus den zuvor geschilderten Begebenheiten fällt dieser mit alten Fotografien illustrierte Text nicht trocken aus, sondern erinnert vom Stil her eher an Memoiren, die Clopath anhand intensiver Archivrecherche zu einem Gesamtbild zusammenfügt. Hierzu studierte er alte Zeitungen, historische Schriftwechsel der Baubeteiligten und schriftliche Einlassungen, die Zeitgenossen verfasst hatten. Clopath geht weit über das Aufzählen der beruflichen Leistungen von Coray hinaus und stellt ihn zudem als begeisterten Berggänger vor, der zu den Gründungsmitgliedern des Schweizer Alpen- Clubs Priz Terri gehört. Seine alpinen Aktivitäten erklären auch, warum Coray maßgeblich an der Planung und am Bau einer der ersten Schutzhütten überhaupt, nämlich auf der Greina- Hochebene, im Jahr 1925 beteiligt war.
Angesprochen wird im ersten Buchteil auch, wie er seine erste Frau Jakobina Buchli kennenlernte: Während des Baus des Lehrgerüstes des Soliser Viadukts überbrachte sie ihm ein Telegram; da ihre Eltern ein nahegelegenes Wirthaus mit konzessionierter Poststelle betrieben. 1903 heiratete das Paar in der Schlosskapelle in Reichenau, und zwischen 1903 und 1911 gebar sie ihm sieben Kinder, von denen fünf das Erwachsenenalter erreichten.
Wie bereits erwähnt, stürzte Coray 1928 bei dem Versuch eine fallende Messlatte aufzufangen rund 40 Meter einen steilen Hang hinab. Während des sich daran anschliessenden mehrwöchigen Krankenhausaufenthaltes starb seine Frau an einem Schlaganfall. In seinen späten Jahren heiratete er ein zweites Mal, verlegte sich auf das Imkern und verstarb am 3. Oktober 1946 in Davos- Wiesen.
b) Lehrgerüsttypen
Im zweiten, etwas über 100 Seiten langen Buchteil erläutert der Co- Autor Jürg Conzett das über die Jahrzehnte optimierte Konstruktionsprinzip der Coray'schen Lehrgerüste. Zusammenfassend kann man sagen, dass diese sich zunehmend weg von materialintensiven, tendenziell orthogonal angeordneten Fachwerkbauten hin zu materialärmeren, den Kraftlinien folgenden, teilweise fliegenden Bauten entwickelt haben. Letzteres meint, dass diese an den gleichzeitig mit ihnen errichteten Pfeilern befestigt waren und mit diesen zusammen in die Höhe wuchsen. Parallel dazu wurden die Höhen und zu überbrückenden Spannweiten immer größer: Den Höhepunkt markiert hierbei sein letztes Projekt vor seinem Ruhestand, die Tarabrücke in Montenegro, die er zusammen mit seinem ältesten Sohn Richard jun. 1939 realisierte.
Beeindruckend sind auch die handwerklichen Fähigkeiten der Zimmerleute: Da mit der jeweiligen Baustelle erstmals eine überregionale Wegeverbindung zu diesem Ort angelegt wurde, wurde das Bauholz zumeist aus den unmittelbar an der Baustelle liegenden Wäldern gewonnen. Der Zuschnitt der Stämme zu präzisem Kantholz erfolgte unmittelbar am Abbundplatz von Hand mit Säge und Axt. Um ein vorzeitiges Verziehen der fertig angepassten, jedoch noch frischen Hölzer zu vermeiden, wurden diese bis zu ihrer Monatage mit feuchten Tüchern bedeckt.
Im zweiten, etwas über 100 Seiten langen Buchteil erläutert der Co- Autor Jürg Conzett das über die Jahrzehnte optimierte Konstruktionsprinzip der Coray'schen Lehrgerüste. Zusammenfassend kann man sagen, dass diese sich zunehmend weg von materialintensiven, tendenziell orthogonal angeordneten Fachwerkbauten hin zu materialärmeren, den Kraftlinien folgenden, teilweise fliegenden Bauten entwickelt haben. Letzteres meint, dass diese an den gleichzeitig mit ihnen errichteten Pfeilern befestigt waren und mit diesen zusammen in die Höhe wuchsen. Parallel dazu wurden die Höhen und zu überbrückenden Spannweiten immer größer: Den Höhepunkt markiert hierbei sein letztes Projekt vor seinem Ruhestand, die Tarabrücke in Montenegro, die er zusammen mit seinem ältesten Sohn Richard jun. 1939 realisierte.
Beeindruckend sind auch die handwerklichen Fähigkeiten der Zimmerleute: Da mit der jeweiligen Baustelle erstmals eine überregionale Wegeverbindung zu diesem Ort angelegt wurde, wurde das Bauholz zumeist aus den unmittelbar an der Baustelle liegenden Wäldern gewonnen. Der Zuschnitt der Stämme zu präzisem Kantholz erfolgte unmittelbar am Abbundplatz von Hand mit Säge und Axt. Um ein vorzeitiges Verziehen der fertig angepassten, jedoch noch frischen Hölzer zu vermeiden, wurden diese bis zu ihrer Monatage mit feuchten Tüchern bedeckt.
c) Baubericht der Salginatobelbrücke
Die von Robert Maillart entworfene Salginatobelbrücke gilt vielen Kritikern als eines der bedeutendsten Brückenbauwerke der Welt. Auch ihr Lehrgerüst wurde von Richard Coray 1928 realisiert. Es gilt als sein Schlüsselbauwerk, weshalb im Buch der Brücke ein eigenes Hauptkapitel gewidmet wurde, das Andreas Kessler verfasst hat. Es basiert auf einem Gespräch, das der Autor am 22. Mai 1993 mit dem damals hochbetagten, aber rüstigen Richard Coray jun. (1903 - 1995) führen konnte. Tatsächlich stieg der Sohn mit diesem Projekt in die väterliche Firma ein, zeichnete als frisch diplomierter Ingenieur seinerzeit die Lehrgerüstpläne und übernahm 1939 ganz die Leitung des Betriebes.
Spannend sind die wiedergegebenen Handskizzen, die Coray jun. bei diesem Gespräch spontan angefertigt hat, um das Prinzip der von seinem Vater entwickelten Gerüstabsenkung zu erläutern. Denn grundsätzlich müssen brückentragende Lehrgerüste so angelegt sein, dass diese demontierbar sind. Das Problem ist, dass gemauerte oder betonierte Bögen zunächst ein Lehrgerüst belasten, bevor sie selber die Last abtragen. Deshalb müssen die Lehrgerüste erst etwas abgesenkt werden, bevor sie demontiert werden können. Daher führte Richard Coray all seine Gerüste (bis auf das allererste, das er wie erwähnt sprengte) zweiteilig aus: Es gab ein fest verankertes Untergerüst, worauf er ein Obergerüst aufstellte, welches er zunächst entweder mit Senkschrauben oder mit so genannten Sandtöpfen von dem unteren Teil separierte. Da diese jedoch teuer in der Anschaffung und umständlich in der Handhabung waren, entwickelte Coray sen. ein zimmermannsmäßiges Absenkprinzip, das er erstmals bei der Saginatobelbrücke anwandte.
Die von Robert Maillart entworfene Salginatobelbrücke gilt vielen Kritikern als eines der bedeutendsten Brückenbauwerke der Welt. Auch ihr Lehrgerüst wurde von Richard Coray 1928 realisiert. Es gilt als sein Schlüsselbauwerk, weshalb im Buch der Brücke ein eigenes Hauptkapitel gewidmet wurde, das Andreas Kessler verfasst hat. Es basiert auf einem Gespräch, das der Autor am 22. Mai 1993 mit dem damals hochbetagten, aber rüstigen Richard Coray jun. (1903 - 1995) führen konnte. Tatsächlich stieg der Sohn mit diesem Projekt in die väterliche Firma ein, zeichnete als frisch diplomierter Ingenieur seinerzeit die Lehrgerüstpläne und übernahm 1939 ganz die Leitung des Betriebes.
Spannend sind die wiedergegebenen Handskizzen, die Coray jun. bei diesem Gespräch spontan angefertigt hat, um das Prinzip der von seinem Vater entwickelten Gerüstabsenkung zu erläutern. Denn grundsätzlich müssen brückentragende Lehrgerüste so angelegt sein, dass diese demontierbar sind. Das Problem ist, dass gemauerte oder betonierte Bögen zunächst ein Lehrgerüst belasten, bevor sie selber die Last abtragen. Deshalb müssen die Lehrgerüste erst etwas abgesenkt werden, bevor sie demontiert werden können. Daher führte Richard Coray all seine Gerüste (bis auf das allererste, das er wie erwähnt sprengte) zweiteilig aus: Es gab ein fest verankertes Untergerüst, worauf er ein Obergerüst aufstellte, welches er zunächst entweder mit Senkschrauben oder mit so genannten Sandtöpfen von dem unteren Teil separierte. Da diese jedoch teuer in der Anschaffung und umständlich in der Handhabung waren, entwickelte Coray sen. ein zimmermannsmäßiges Absenkprinzip, das er erstmals bei der Saginatobelbrücke anwandte.
d) Lehrgerüstmodelle von Peter Gysi
Insgesamt hat Richard Coray sen. 40 Lehrgerüstprojekte realisiert. Von den zehn wichtigsten Bauten hat der Modellbauer Peter Gysi Holzmodelle überwiegend im Maßstab 1:100 erstellt. Auf einer 20-seitigen Bildstrecke werden diese umfassend vorgestellt. In Ergänzung zu den zahlreichen, im Buch publizierten Schwarz- Weiss- Aufnahmen und den faksimilierten Planzeichnungen, geben diese sinnfällig Aufschluss, insbesondere hinsichtlich ihrer Beschickung mit schweren Baumaterialien. Denn der Modellbauer hat vielfach die komplette Baustelleneinrichtung inklusive der Seilbahnkrananlagen nachgebildet.
Insgesamt hat Richard Coray sen. 40 Lehrgerüstprojekte realisiert. Von den zehn wichtigsten Bauten hat der Modellbauer Peter Gysi Holzmodelle überwiegend im Maßstab 1:100 erstellt. Auf einer 20-seitigen Bildstrecke werden diese umfassend vorgestellt. In Ergänzung zu den zahlreichen, im Buch publizierten Schwarz- Weiss- Aufnahmen und den faksimilierten Planzeichnungen, geben diese sinnfällig Aufschluss, insbesondere hinsichtlich ihrer Beschickung mit schweren Baumaterialien. Denn der Modellbauer hat vielfach die komplette Baustelleneinrichtung inklusive der Seilbahnkrananlagen nachgebildet.
Die wichtigsten Coray'schen Lehrgerüste
Welche nun die bedeutendsten Lehrgerüste Richard Coray waren, dazu sind sich die Co- Autoren Clopath und Conzett sowie der Modellbauer Gysi nicht ganz einig. Unstrittig sind das Wiesner Viadukt von 1908 sowie die Gemündertobelbrücke (1908), die mit ihren engen orthogonalen Gerüstgefachen gewissermaßen den Höhepunkt einer materialintensiven, eher konservativen Bauweise darstellt. 1910 folgt das Sittertalviadukt ein 97 Meter hoher Lehrgerüstturm, errichtet in der Mitte eines weiten Tales, auf dem eine 120 Meter lange Stahlfachwerkbrücke errichtet wurde. An diese Konstruktion wurden die seitlichen Brückenzufahrten in Form von Steinviadukten herangeführt. Zu Erwähnen ist auch das Langwieser Viadukt (1913). Um zu erwartende Hochwasserschäden zu vermeiden, besteht es aus einer Fächerkonstruktion, die auf einem rund 22 Meter hohen Mittelsockel aus Beton errichtet wurde. Bei dem Gerüstfächer handelt es sich um den ersten eigenen Entwurf von Coray. Der Betonsockel steht noch heute im Langwieser Tobel.
Zu erwähnen ist natürlich auch das Lehrgerüst der von Robert Maillart entworfenen Saginatobelbrücke (1928) sowie Coray‘s Spätwerk, die weiter oben erwähnte Tarabrücke in Montenegro. Diese zählt mit 120 Metern mit zu den größeren Spannweiten seines Schaffens, besaß jedoch zudem einen 141 Meter hohen, hölzernen Gerüstturm, eine für ein bis heute unerreichte Höhe für ein Holzbauwerk. Die Aufrisszeichnung des Tarabrücken- Lehrgerüstes ziert auch das Buchcover.
Welche nun die bedeutendsten Lehrgerüste Richard Coray waren, dazu sind sich die Co- Autoren Clopath und Conzett sowie der Modellbauer Gysi nicht ganz einig. Unstrittig sind das Wiesner Viadukt von 1908 sowie die Gemündertobelbrücke (1908), die mit ihren engen orthogonalen Gerüstgefachen gewissermaßen den Höhepunkt einer materialintensiven, eher konservativen Bauweise darstellt. 1910 folgt das Sittertalviadukt ein 97 Meter hoher Lehrgerüstturm, errichtet in der Mitte eines weiten Tales, auf dem eine 120 Meter lange Stahlfachwerkbrücke errichtet wurde. An diese Konstruktion wurden die seitlichen Brückenzufahrten in Form von Steinviadukten herangeführt. Zu Erwähnen ist auch das Langwieser Viadukt (1913). Um zu erwartende Hochwasserschäden zu vermeiden, besteht es aus einer Fächerkonstruktion, die auf einem rund 22 Meter hohen Mittelsockel aus Beton errichtet wurde. Bei dem Gerüstfächer handelt es sich um den ersten eigenen Entwurf von Coray. Der Betonsockel steht noch heute im Langwieser Tobel.
Zu erwähnen ist natürlich auch das Lehrgerüst der von Robert Maillart entworfenen Saginatobelbrücke (1928) sowie Coray‘s Spätwerk, die weiter oben erwähnte Tarabrücke in Montenegro. Diese zählt mit 120 Metern mit zu den größeren Spannweiten seines Schaffens, besaß jedoch zudem einen 141 Meter hohen, hölzernen Gerüstturm, eine für ein bis heute unerreichte Höhe für ein Holzbauwerk. Die Aufrisszeichnung des Tarabrücken- Lehrgerüstes ziert auch das Buchcover.
Großformatige Biographie und Werksverzeichnis
Clopath schafft zusammen mit seinen Mitautoren Conzett und Kessler einen umfassenden Blick auf Leben und Werk von Richard Coray. Angereichert mit zahlreichen Quellenzitaten und überwiegend zeitgenössischen Abbildungen ist dieses Werk weit mehr als eine trockene Biographie eines beeindruckenden Bündner Zimmermanns: Es stellt nicht nur vom Gewicht her einen Meilenstein lebendig vermittelter eidgenössischer Zeitgeschichte dar, es ist insbesondere eine historische Dokumentation des Trassenbaus der Rhätischen Eisenbahn.
Clopath schafft zusammen mit seinen Mitautoren Conzett und Kessler einen umfassenden Blick auf Leben und Werk von Richard Coray. Angereichert mit zahlreichen Quellenzitaten und überwiegend zeitgenössischen Abbildungen ist dieses Werk weit mehr als eine trockene Biographie eines beeindruckenden Bündner Zimmermanns: Es stellt nicht nur vom Gewicht her einen Meilenstein lebendig vermittelter eidgenössischer Zeitgeschichte dar, es ist insbesondere eine historische Dokumentation des Trassenbaus der Rhätischen Eisenbahn.
Fussnote
[1] Im Buch ist auf S. 24 sogar die Rede von "einer Stelle, die mindestens 400 Meter vom Talhang entfernt lag". Diese Angabe erscheint dem Verfasser absolut unrealistisch, zumal die entsprechende Abbildung eine Seilneigung von mehr als 60° nahelegt. Es wird von einem Tippfehler ausgegangen. Selbst 40 Meter auf einem Stahlseil zu kriechen, würden eine beachtliche Leistung darstellen.
Robert Mehl, Aachen
[1] Im Buch ist auf S. 24 sogar die Rede von "einer Stelle, die mindestens 400 Meter vom Talhang entfernt lag". Diese Angabe erscheint dem Verfasser absolut unrealistisch, zumal die entsprechende Abbildung eine Seilneigung von mehr als 60° nahelegt. Es wird von einem Tippfehler ausgegangen. Selbst 40 Meter auf einem Stahlseil zu kriechen, würden eine beachtliche Leistung darstellen.
Robert Mehl, Aachen
Richard Coray (1869–1946), Leben und Werk
Lehrgerüste für Brücken und Viadukte
Johann Clopath. Mit Beiträgen von Jürg Conzett und Andreas Kessler
Gebunden in Schuber
504 Seiten, 43 farbige und 308 sw Abbildungen, Pläne und Zeichnungen
30 x 27 cm
ISBN 978-3-03942-045-2 | Deutsch
CHF 79.00 │EUR 77.00
Lehrgerüste für Brücken und Viadukte
Johann Clopath. Mit Beiträgen von Jürg Conzett und Andreas Kessler
Gebunden in Schuber
504 Seiten, 43 farbige und 308 sw Abbildungen, Pläne und Zeichnungen
30 x 27 cm
ISBN 978-3-03942-045-2 | Deutsch
CHF 79.00 │EUR 77.00