Projektart:
Anfrage:
per mail ✉
Objekt:
PIXEL-Building
Typ:
Bürogebäude
Ort:
Melbourne [Satellit]
Staat:
Australien
Architekt:
studio505 🔗, Melbourne
Materialien:
Glas, Holzpaneelen, Beton
Publiziert:
DBZ 09/2012
Seiten:
40 - 47
Inhalt:
PIXEL- Building, Melbourne, AUS
Bunter Blätterwald
Im australischen Melbourne ist mit dem so genannten PIXEL- Building nicht nur das erste CO2-neutrale Gebäude des Kontinents entstanden. Es gelang zudem, in allen drei international relevanten Ratings für ökologisches und nachhaltiges Bauen jeweils die Maximalpunktzahl zu erreichen. Beim bekanntesten davon, dem amerikanischen LEED, gab es auf die möglichen 100 überdies noch einmal 5 außerordentliche Punkte für Innovation.
Das Firmengelände der ehemaligen CUP- Brauerei in Melbourne ist ein riesengroßes Konversionsareal unmittelbar im Norden des städtischen Central Business District, CBD. Die Situation ist vergleichbar mit den derzeitigen Bemühungen im Umfeld des Dortmunder U’s, dem früheren Firmengelände der ehemaligen Unionbrauerei. Hier wie dort gibt es das Bestreben, durch innovative, aber auch prägnante Architektur einen alten Industriestandort als repräsentative Adresse, insbesondere für Kreativunternehmen, neu zu besetzen. Bemerkenswert ist, dass die Parzelle des PIXEL- Building, die mit zu den kleinsten des ganzen 1,6 ha großen Areals zählt und auch die letzte war, welche überhaupt entwickelt wurde, nun aber das erste vollendete Gebäude des gesamten Entwicklungsgebietes aufweisen kann. Die Investorgesellschaft GROCON, Bauträger, Eigentümer und Nutzer zugleich, beauftragte hierzu direkt die Architekten von studio505 mit dem Ziel, das „Büro von Morgen“ zu entwickeln. Es sollte ein Gebäude sein, das keine Emissionen erzeugt, über einen eigenen, geschlossenen Wasserkreislauf verfügt und in allen drei hierfür relevanten ökologischen Ratings – also dem amerikanischen LEED, dem britischen BREEAM sowie dem australischem Green Star Office Design – einen möglichst hohen Punktestand erzielt. Der Planungsschwerpunkt lag stärker auf einer CO2-Neutralität als auf dem Erreichen eines vollkommen autarken Passivhaus- Charakters. Entstanden ist nun ein viergeschossiges Bürohaus, das zwar nicht vollständig ohne externe Energiezufuhr auskommt, das jedoch bezogen auf eine Lebensdauer von 50 Jahren keine Emissionen aufweist. Diese Rechnung beinhaltet nicht nur den eigenen Ausstoß, der über die Jahre durch dessen Nutzung entsteht, sondern berücksichtigt auch das CO2, das durch die durchgeführten Bauarbeiten, wie auch durch die Herstellung der Baustoffe seinerzeit entstanden ist. Kurzum: Im laufenden Betrieb baut das Bürogebäude aktiv Kohlendioxid ab!
Fassadenblätterwerk
Nicht nur aufgrund seiner mehr als vorbildlichen Ökobilanz ist das Objekt ein echter Blickfang, das gilt besonders für seine optische Erscheinung. Schon von weitem fallen die kleinteiligen, irregulär geformten Verschattungselemente auf, welche vor die eigentliche Gebäudefassade aus thermisch hocheffizienter Dreifachverglasung gesetzt sind. Ein wenig wirken sie wie das herbstliche Laub einer Hecke. Wird man dann noch der kleinen Pflanzenbeete gewahr, welche vor die Bodenplatten der drei Obergeschosse platziert sind, so ist man versucht anzunehmen, dass diese unzähligen bunten Paneele auch dazu gedacht sind, wie natürliches Blätterwerk Wasser zu sammeln und den eigenen Wurzeln zuzuführen, hier also diesen extensiven Pflanztrögen. Allerdings verneint die Architektin Rachel Freeman vom studio505 diese Theorie: Es seien nur Verschattungs- und Blendschutzelemente, die äußerlich angebracht wurden, um einen Aufheizeffekt zu minimieren. Im Gegensatz zu Blättern sind sie zudem starr montiert, um in Zeiten des Sonnenhöchststandes maximalen Schatten zu spenden und gleichzeitig noch für ausreichenden Ausblick im rechten Winkel hierzu zu sorgen.
Nicht nur aufgrund seiner mehr als vorbildlichen Ökobilanz ist das Objekt ein echter Blickfang, das gilt besonders für seine optische Erscheinung. Schon von weitem fallen die kleinteiligen, irregulär geformten Verschattungselemente auf, welche vor die eigentliche Gebäudefassade aus thermisch hocheffizienter Dreifachverglasung gesetzt sind. Ein wenig wirken sie wie das herbstliche Laub einer Hecke. Wird man dann noch der kleinen Pflanzenbeete gewahr, welche vor die Bodenplatten der drei Obergeschosse platziert sind, so ist man versucht anzunehmen, dass diese unzähligen bunten Paneele auch dazu gedacht sind, wie natürliches Blätterwerk Wasser zu sammeln und den eigenen Wurzeln zuzuführen, hier also diesen extensiven Pflanztrögen. Allerdings verneint die Architektin Rachel Freeman vom studio505 diese Theorie: Es seien nur Verschattungs- und Blendschutzelemente, die äußerlich angebracht wurden, um einen Aufheizeffekt zu minimieren. Im Gegensatz zu Blättern sind sie zudem starr montiert, um in Zeiten des Sonnenhöchststandes maximalen Schatten zu spenden und gleichzeitig noch für ausreichenden Ausblick im rechten Winkel hierzu zu sorgen.
Wasserkreislauf
Der Neubau benötigt fast kein Trinkwasser aus dem allgemeinen Leitungsnetz. Lediglich jeweils ein Wasserhahn in den Etagenküchen ermöglicht aus hygienischen Gründen die Entnahme von sprichwörtlich so genutztem Trinkwasser. Der gesamte weitere Bedarf wird mit „Grauwasser“ gedeckt, welches über die Regendrainage des Daches gewonnen und in einer 25 000 l fassenden Zisterne gesammelt wird. Versorgt werden damit sowohl der gesamte sanitäre Bereich (WC, Dusche), wie auch die Bewässerung der Vegetation in den erwähnten Beeten und auf dem Dach. Immanent gesenkt werden konnte der Wasserbedarf durch den Einbau von Vakuumtoiletten. In Deutschland kennt man diese vor allem aus Zügen und aus Flugzeugen. Das so deutlich höher konzentrierte Abwasser wird in einem hauseigenen Kompostierer vergoren und gelangt erst als energiereduziertes Fäkalwasser in die Kanalisation.
Der Neubau benötigt fast kein Trinkwasser aus dem allgemeinen Leitungsnetz. Lediglich jeweils ein Wasserhahn in den Etagenküchen ermöglicht aus hygienischen Gründen die Entnahme von sprichwörtlich so genutztem Trinkwasser. Der gesamte weitere Bedarf wird mit „Grauwasser“ gedeckt, welches über die Regendrainage des Daches gewonnen und in einer 25 000 l fassenden Zisterne gesammelt wird. Versorgt werden damit sowohl der gesamte sanitäre Bereich (WC, Dusche), wie auch die Bewässerung der Vegetation in den erwähnten Beeten und auf dem Dach. Immanent gesenkt werden konnte der Wasserbedarf durch den Einbau von Vakuumtoiletten. In Deutschland kennt man diese vor allem aus Zügen und aus Flugzeugen. Das so deutlich höher konzentrierte Abwasser wird in einem hauseigenen Kompostierer vergoren und gelangt erst als energiereduziertes Fäkalwasser in die Kanalisation.
Wärmekreislauf
Die Energiereduktion basiert auf dem Umstand, dass bei der erwähnten Fäkalgärung Methangas entsteht. Dieses wird aufgefangen und einem Brenner zugeführt, mit welchem eine Absorptionskältemaschine betrieben wird. Bei dieser Art von Klimaanlage erfolgt die erforderliche Verdichtung des Kältemittels nicht – wie in der Regel üblich – auf hydraulischem Wege, sondern auf chemischem Wege. Dabei macht man sich zu Nutze, dass thermisch wirksame Stoffe, wie hier etwa Ammoniak, abhängig von ihrer Temperatur ein unterschiedliches Lösungsverhalten in einem anderen Stoff besitzen. Der „absorbierende“ Stoff ist dabei häufig Wasser. Der geringere Wirkungsgrad dieser Anlagen (Vorlauftemperatur nur etwa bei lauen 16°C) im Vergleich zu mechanischen Kompressionsmaschinen (Vorlauftemperatur kalte 6°C) ist der Grund, warum sie nicht so weit verbreitet sind. Bei Zuluftklimaanlagen ist die höhere Temperatur jedoch von Vorteil, da so die Raumluft schonender gekühlt wird. Die Temperaturreduktion der frischen Außenluft geschieht über auf diesem Wege gekühlte Kanäle im Hohlraumboden. Mit einer niedrigeren Vorlauftemperatur könnten zwar diese Kühleinheiten deutlich kleiner dimensioniert sein, dies würde aber auch einen höheren Tauwasserausfall bedeuten und so das Risiko eines Legionellenbefalles mehren. Auch die entsprechenden Strömungswege in den Kanälen wurden sehr bewusst geplant und auf Kamineffekte geachtet. Obwohl das Gebäude zu 100 % mit über das Dach angesaugter Frischluft arbeitet, wird nicht mit Umluft operiert. Der anfallenden Abluft wird mittels eines Wärmetauschers sogar noch deren thermische Energie über einen Wärmetauscher entzogen. Trotzdem benötigt die gesamte Anlage nur zwei mechanische Lüfter. Von den beiden dachmontierten Propellern bewegt jeweils einer die Zuluft und einer die Abluft. Das ganze System arbeitet in gleicher Weise auch in der kalten Jahreszeit. Dann wird jedoch der zentrale Brenner, der teilweise mit dem erwähnten Klärgasmethan betrieben wird, nur direkt zum Erwärmen der Raumluft genutzt.
Die Energiereduktion basiert auf dem Umstand, dass bei der erwähnten Fäkalgärung Methangas entsteht. Dieses wird aufgefangen und einem Brenner zugeführt, mit welchem eine Absorptionskältemaschine betrieben wird. Bei dieser Art von Klimaanlage erfolgt die erforderliche Verdichtung des Kältemittels nicht – wie in der Regel üblich – auf hydraulischem Wege, sondern auf chemischem Wege. Dabei macht man sich zu Nutze, dass thermisch wirksame Stoffe, wie hier etwa Ammoniak, abhängig von ihrer Temperatur ein unterschiedliches Lösungsverhalten in einem anderen Stoff besitzen. Der „absorbierende“ Stoff ist dabei häufig Wasser. Der geringere Wirkungsgrad dieser Anlagen (Vorlauftemperatur nur etwa bei lauen 16°C) im Vergleich zu mechanischen Kompressionsmaschinen (Vorlauftemperatur kalte 6°C) ist der Grund, warum sie nicht so weit verbreitet sind. Bei Zuluftklimaanlagen ist die höhere Temperatur jedoch von Vorteil, da so die Raumluft schonender gekühlt wird. Die Temperaturreduktion der frischen Außenluft geschieht über auf diesem Wege gekühlte Kanäle im Hohlraumboden. Mit einer niedrigeren Vorlauftemperatur könnten zwar diese Kühleinheiten deutlich kleiner dimensioniert sein, dies würde aber auch einen höheren Tauwasserausfall bedeuten und so das Risiko eines Legionellenbefalles mehren. Auch die entsprechenden Strömungswege in den Kanälen wurden sehr bewusst geplant und auf Kamineffekte geachtet. Obwohl das Gebäude zu 100 % mit über das Dach angesaugter Frischluft arbeitet, wird nicht mit Umluft operiert. Der anfallenden Abluft wird mittels eines Wärmetauschers sogar noch deren thermische Energie über einen Wärmetauscher entzogen. Trotzdem benötigt die gesamte Anlage nur zwei mechanische Lüfter. Von den beiden dachmontierten Propellern bewegt jeweils einer die Zuluft und einer die Abluft. Das ganze System arbeitet in gleicher Weise auch in der kalten Jahreszeit. Dann wird jedoch der zentrale Brenner, der teilweise mit dem erwähnten Klärgasmethan betrieben wird, nur direkt zum Erwärmen der Raumluft genutzt.
Energiegewinnung
Die quasi unvermeidliche Karbonemission beim Bau des Gebäudes wird im Nachhinein durch eine aktive Energiegewinnung kompensiert. Das geschieht zum einen über drei neu entwickelte, Platz sparende Vertikalwindkraftrotoren sowie mit genauso vielen photovoltaischen Elementen, die mechanisch dem Sonnenstand nachgeführt werden.
Die quasi unvermeidliche Karbonemission beim Bau des Gebäudes wird im Nachhinein durch eine aktive Energiegewinnung kompensiert. Das geschieht zum einen über drei neu entwickelte, Platz sparende Vertikalwindkraftrotoren sowie mit genauso vielen photovoltaischen Elementen, die mechanisch dem Sonnenstand nachgeführt werden.
Nachhaltige Baustoffe
Selbst der für den Bau erforderliche Beton wurde in Hinblick auf einen möglichst geringen Kohlendioxidausstoß bei seiner Herstellung neu entwickelt. In Zusammenarbeit mit der ebenfalls in Melbourne ansässigen RMIT University wurde der „Pixelcrete“ entwickelt, bei dessen Herstellung nur halb soviel CO2 erforderlich ist bzw. frei wird, wie bei der Produktion von herkömmlichem Beton. Der neue und entsprechend patentierte zementöse Baustoff weist mit 40 MPa dieselbe Festigkeit auf wie traditioneller Beton, so dass damit problemlos alle Geschossdecken sowie der aussteifende Treppenhauskern gegossen werden konnten.
Selbst der für den Bau erforderliche Beton wurde in Hinblick auf einen möglichst geringen Kohlendioxidausstoß bei seiner Herstellung neu entwickelt. In Zusammenarbeit mit der ebenfalls in Melbourne ansässigen RMIT University wurde der „Pixelcrete“ entwickelt, bei dessen Herstellung nur halb soviel CO2 erforderlich ist bzw. frei wird, wie bei der Produktion von herkömmlichem Beton. Der neue und entsprechend patentierte zementöse Baustoff weist mit 40 MPa dieselbe Festigkeit auf wie traditioneller Beton, so dass damit problemlos alle Geschossdecken sowie der aussteifende Treppenhauskern gegossen werden konnten.
Blick nach Europa
Australien ist ambivalent. Auf der einen Seite existiert eine große Sensibilität für Ökologie und Nachhaltigkeit, auf der anderen Seite sind umweltfreundliche Gebäude auf dem fünften Kontinent weiterhin eher eine Ausnahme. Entsprechend stellt sich das Land gerne als rückständig dar und lobt überschwänglich Europa. So seien hierzulande angeblich Vakuumtoiletten und Absorptionsklimaanlagen Stand der Technik und weit verbreitet. Auch gilt in Down Under das Einspeisen von aus regenerativen Energiequellen gewonnenem Strom in das öffentliche Stromnetz als durchaus innovativ, da verlustfrei. Wir wissen, die öffentliche Diskussion ist in Europa, insbesondere in Deutschland, in diesem Punkt schon deutlich weiter und man hat dies als ein technisches, wie auch als ein gesellschaftliches Problem (Pumpspeicherwerke, Lage von Starkstromtrassen) erkannt. Ohne wenn und aber muss man allerdings die Innovationskraft des PIXEL- Building anerkennen und feststellen, dass dieses Gebäude fürwahr neue Maßstäbe setzt und die Welt ganz dringend sehr viel mehr davon benötigt.
Robert Mehl, Aachen
http://www.dbz.de
Australien ist ambivalent. Auf der einen Seite existiert eine große Sensibilität für Ökologie und Nachhaltigkeit, auf der anderen Seite sind umweltfreundliche Gebäude auf dem fünften Kontinent weiterhin eher eine Ausnahme. Entsprechend stellt sich das Land gerne als rückständig dar und lobt überschwänglich Europa. So seien hierzulande angeblich Vakuumtoiletten und Absorptionsklimaanlagen Stand der Technik und weit verbreitet. Auch gilt in Down Under das Einspeisen von aus regenerativen Energiequellen gewonnenem Strom in das öffentliche Stromnetz als durchaus innovativ, da verlustfrei. Wir wissen, die öffentliche Diskussion ist in Europa, insbesondere in Deutschland, in diesem Punkt schon deutlich weiter und man hat dies als ein technisches, wie auch als ein gesellschaftliches Problem (Pumpspeicherwerke, Lage von Starkstromtrassen) erkannt. Ohne wenn und aber muss man allerdings die Innovationskraft des PIXEL- Building anerkennen und feststellen, dass dieses Gebäude fürwahr neue Maßstäbe setzt und die Welt ganz dringend sehr viel mehr davon benötigt.
Robert Mehl, Aachen
http://www.dbz.de