Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Phoenix 🔗
Typ:
Begehbare Treppenskulptur
Ort:
Staat:
Frankreich
Architekt:
Zaha M. Hadid † 🔗, London
Materialien:
3D-Druck von Beton
Publiziert:
baublatt 01/2025
Seiten:
16 - 18
Inhalt:
[Artikel]  [2]      
 

Phoenix- Project, Holcim Innovation Center, Lyon

Phönix aus der Asche

Im Jahr 2021 wurde auf der Biennale von Venedig die aus gedrucktem Beton erstellte Skulptur Striatus gezeigt. Nach dem Ende der Ausstellung wurde das von der ETH Zürich und Zaha Hadid Architects verantwortete Objekt klein gemahlen. Nun wurde – wie damals bereits angekündigt – aus diesem Bauschutt auf dem Gelände des Holcim Innovation Centers in Lyon seine neue Version realisiert.
Der Vogel Phönix ist eine Figur aus der griechischen Mythologie, der am Ende seines Lebenszyklus verbrennt oder stirbt, um aus dem verwesenden Leib oder aus seiner Asche wieder neu zu erstehen (Quelle:Wikipedia).
Tatsächlich baut auf dieser Idee das nachhaltige Recyclingkonzept auf, welches dem Phoenix- Project zugrunde liegt. Federführend ist dabei die Block Research Group (BRG), die an der ETH Zürich angesiedelt ist. Professor Dr. Philippe Block ist dort Leiter des Instituts für Technologie in der Architektur. Zusammen mit Dr. Shajay Bhooshan von Zaha Hadid Architects (ZHA) hatte er das Striatus- Konzept entwickelt, das im baublatt 13/2022 vorgestellt wurde. Darauf nun aufbauend, konzipierte die ETH ebenfalls mit ZHA zusammen, dessen Reinkarnation in Form des Phoenix- Projects. Im Frühjahr 2024 konnte die neu erschaffene Brückenskulptur im Garten des Holcim Innovation Center in Lyon eingeweiht werden. Wissenschaftlich begleitet wurde das Projekt an der ETH Zürich von Alessandro Dell‘Endice.
Im Unterschied zum Vorgängerbau ist Phoenix nicht als temporäre, sondern als dauerhafte Anlage ausgelegt. Der konstruktive Fokus lag auf dem Baustoffrecycling und wurde, entsprechend dem Standort, technisch durch die Holcim AG betreut. Dabei wandte der Konzern die von ihm entwickelte ECO- Cycle- Technologie an.
Optisch unterscheiden sich Striatus und Phoenix in zwei markanten Details:
- Das venezianische Vorgängerprojekt war etwas höher, seine Aufgänge etwas steiler, weshalb es über eine aufgelegte, hölzerne Treppenkonstruktion verfügte, während die Neufassung in Lyon eine reine Rampenanlage aus gedrucktem 3D- Beton ist.
- Bei Striatus bestanden auch die Handläufe aus gedruckten und zusammengefügten Betonelementen, bei Phoenix bestehen die Handläufe aus Edelstahl, die ausgeführt als schlanke Pfosten und Streben eine freie Sicht auf die reduzierte Betonskulptur geben.
Bauweise
Konstruktiv bestand Striatus aus 53 gedruckten Betonelementen, die nach dem Prinzip einer Kettenlinie zu einem Gewölbe zusammengefügt waren. Deshalb wies das Objekt keine Querkräfte auf, und ausschliesslich Druckkräfte wurden von einem Element zum nächsten weitergeleitetet. Aus diesem Grund konnte im Hochbauteil des Projektes vollkommen auf Bewehrungen verzichtet werden. Nur im Tiefbaubereich mussten die Punktfundamente zusätzlich mit Stahlseilen miteinander verbunden sein, um ihr Auseinanderstreben durch Auflast zu verhindern. Um Material zu reduzieren, wurden die einzelnen Betonlagen senkrecht zu den Vektorrichtungen der Druckkräfte gedruckt und eben nicht so, wie es die jeweilige Bausteingeometrie angeboten hätte.
Phoenix besteht nun aus rund doppelt so vielen Betonbauteilen wie Striatus. Für die erheblich kleineren Elemente entschied man sich, um die statische Präzision zu erhöhen. Stellt man sich den Gewölbeschnitt als eine Kurve vor und die gedruckten Steine als ein Polygon, das diese abbildet, dann ist der sogenannte Stich bei kleineren Elementen natürlich ein höherer und eine Annäherung an die Ideallinie grösser. Damit ergab sich für den Druck eine bessere Schichthöheneffizienz. Stärkere Drucklayer konnten angelegt werden und ermöglichten, die Betondruckfestigkeit von 90 MPa auf 50 MPa zu senken. Auch war es möglich, grössere und vor allem recycelte Zuschläge zu verwenden. Es konnte CEM III- Zement verarbeitet werden, was zu einer Reduktion des CO2-Fussabdrucks um fast 25 % führte. Die erforderlichen Forschungen dazu betreute bei Holcim Serge Nana. Hélène Lombois- Burger, die Leiterin der Forschungs- und Entwicklungsabteilung für Beton am Holcim Innvovation Center, stellt zudem fest, dass neben dem verringerten CO2-Fussabdruck auch die Zirkularität maximiert wurde. So wurde der gesamte Striatus- Bauschutt zu 100 % wiederverwendet: teilweise im Zuschlag, teilweise als Füllmaterial im Bereich unterhalb der Skulptur und teilweise noch bei einem weiteren Projekt.
Ausführung
Gedruckt wurden die Phoenix- Betonelemente, wie auch damals die des Striatus- Projekts, von der in Innsbruck ansässigen Incremental 3D GmbH. Um nun den konstruktiv niedrigen CO2-Fussabdruck nicht durch Transportleistungen zu vergrössern, entschied man sich, den erforderlichen zusätzlichen Sand ausschliesslich aus der Umgebung des 3D- Druckdienstleisters zu beziehen. Die erwähnte kleinere Ausführung der fertigen Betonelemente erlaubte zudem eine dichtere Bepackung der Transportfahrzeuge, somit weniger Fahrten und damit eine Reduktion des CO2-Ausstosses in der erforderlichen Logistik.
Von innen nach aussen
Um eine maximale Effizienz in der Übertragung der Druckkräfte von einem Betonstein auf den nächsten zu gewährleisten, wurden an deren Stössen Neoprenpolster eingelegt. Damit wäre auch grundsätzlich eine zerstörungsfreie Demontage der Skulptur möglich. Montiert wurde der Pavillon in entgegen gesetzter Vorgehensweise als im traditionellen Gewölbebau üblich. Begonnen wurde im Scheitelpunkt und geendet in den fünf Fundamentpunkten. Anlass für diese Strategie war das Bestreben, möglichst viele Bautoleranzen und Unvollkommenheiten gleich mit der Ausführung zu kompensieren. Denn letztendlich ist es bei dem vollendeten Objekt unerheblich, welchen Abstand die Teilfundamente zueinander haben. Viel wichtiger ist der präzise, vollflächige Stoss der einzelnen Betonelemente aneinander. Umgesetzt wurde diese Art der Ausführung mit einem handelsüblichen Gerüstsystem aus Stahl, auf dem die einzelnen Bauteile aufgelegt wurden und das mit dem Gewölbe zusammen nach aussen sukzessive an Umfang zunahm. Die fünf Fundamentpunkte waren zuvor an den grob festgelegten Positionen angelegt worden. Die erwarteten Spalten in den Anschlusspunkten wurden mit Mörtel geschlossen.
Stahlkonstruktion
Anders als Striatus weist das Phoenix- Projekt keine seitlichen Brüstungen aus gedruckten Betonelementen auf. Sein Geländer besteht aus Edelstahlelementen, deren Pfosten mit T-förmigen Fussstücken ohne eine zusätzliche Fixierung zwischen die einzelnen Betonelemente geklemmt wurden.</br> An diese wurden die vertikalen Pfosten geschraubt, die wiederum mit Horizontalstreben und Handläufen miteinander reversibel verbunden sind. Auch hier wird die einfache Trennbarkeit der Materialien im Falle einer Demontage betont.
Wie schon erwähnt, stellt die Konstruktion des Phoenix- Projects statisch ein Gewölbe dar, dessen Fusspunkte durch die Vertikallasten der Bauteile, aber auch durch zu erwartende Verkehrslasten auseinanderstreben. Um dies konstruktiv zu kompensieren, sind die fünf Fusspunkte mit stählernen Zugseilen miteinander verbunden, womit statisch das Gleichgewicht der Kräfte hergestellt wurde.
Auf Dauer ausgelegt
Anders als bei dem Projekt Striatus ist sein Nachfolger Phoenix flacher angelegt. Die Skulptur erfordert keine Stufen mehr, um sie zu besteigen, die geneigten Rampen reichen völlig. Dennoch ist ihre Bauhöhe so gross, dass die lichte Höhe unterhalb des Brückenkörpers im Scheitel immer noch mehr als 2 m beträgt und man darunter stehen kann. Die begehbare Oberfläche der Brückenskulptur besteht aus dem Rohbaumaterial, dem gedruckten Beton. Nach Fertigstellung wurde Phoenix erfolgreich einem Belastungstest mit Sandsäcken unterzogen. Dieser untersuchte jedoch nicht eine Bruchbelastung, sondern nur die von einem Statiker berechnete zulässige Maximallast. Da Phoenix nicht wie Striatus als temporäres, sondern als permanentes Objekt konzipiert wurde, war ein statischer Nachweis für eine Standzeit von mindestens zehn Jahren gegenüber dem Bauamt erforderlich. Letztlich soll mit diesem Projekt auch gezeigt werden, dass 3D- Beton genauso langlebig wie sein analoger Verwandter ist.
Robert Mehl, Aachen
https://www.baublatt.ch/baupraxis/3d-gedruckte-betonbruecke-in-lyon-phoenix-aus-der-asche-36847