Projektart:
Anfrage:
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Objekt:
Typ:
Luftschiffhangar
Ort:
Mühlheim/Ruhr [Satellit]
Staat:
Deutschland
Architekt:
Materialien:
Holzkonstruktion
Publiziert:
baublatt 02/2025
Seiten:
24 - 26
Inhalt:
Luftschiffhangar Mühlheim/Ruhr
Theo bleibt am Boden
Auf dem Verkehrsflugplatz in Mühlheim an der Ruhr wurde ein neuer Luftschiffhangar in Betrieb genommen. Bei der 26 Meter hohen Halle handelt es sich um eine reine Holzkonstruktion, die 2023 mit dem Architekturpreis NRW ausgezeichnet wurde.
Für viele Jahre konnte man regelmäßig das 58 Meter lange Prallluftschiff "Theo" über Nordrhein- Westfalen (und auch darüber hinaus) am Himmel sichten. Dabei prangte auf seiner textilen Hülle über lange Zeit hinweg das Logo des Film- und Unterhaltungselektronikherstellers "Fuji". "Theo" befindet sich inzwischen im Ruhestand und wird sich wohl nie wieder in die Lüfte schwingen. Allerdings kann man nunmehr in den Sommermonaten für rund 600,- Euro Rundflüge mit dem Nachfolger "Hugo" buchen. Die wärmere Jahreszeit ist nicht nur aus thermischen Gründen für den Luftschiffbetrieb erforderlich, sie empfiehlt sich auch aus Gründen des Komforts, da die Acht- Personen- Kabine nicht beheizt ist. "Theo" wurde allerdings nicht verschrottet, auch wurde das ihn tragende Helium- Gas in seiner Textilhülle belassen. Ohne eine Flugzulassung schwebt er nun dauerhaft, gewissermaßen als hochfotogene Innendekoration, in dem neu errichteten Luftschiffhangar am Verkehrsflugplatz in Mühlheim an der Ruhr. Tatsächlich ist diese XXL- Garage so groß, dass auch "Hugo", der nun größere Nachfolger, ebenfalls darin untergebracht werden kann – sofern er nicht an seinem zweiten Standort in Friedrichshafen am Bodensee, sondern im Ruhrgebiet weilt. Denn der 2023 fertig gestellte Hangar ist für die Aufnahme von zwei Prallluftschiffen dieser Größenordnung ausgelegt.
Unterhalten wird die in ihrer Größe mehr als beeindruckende Halle von der ebenfalls dort ansässigen WDL Luftschiffgesellschaft mbH. Die Firma konstruiert und nutzt die besagten Prallluftschiffe. Die Wertschöpfung mit den heutigen Luftschiffen erfolgt zum einen mit Rundflügen, zum anderen mit ihrer Vermarktung als fliegende Werbefläche.
Unterhalten wird die in ihrer Größe mehr als beeindruckende Halle von der ebenfalls dort ansässigen WDL Luftschiffgesellschaft mbH. Die Firma konstruiert und nutzt die besagten Prallluftschiffe. Die Wertschöpfung mit den heutigen Luftschiffen erfolgt zum einen mit Rundflügen, zum anderen mit ihrer Vermarktung als fliegende Werbefläche.
Planung und Realisation
Die neue Luftschiffhalle ersetzt einen etwas kleineren Vorgängerbau, der im Volksmund gerne als die "Grüne Raupe" bezeichnet wurde. Es handelte sich um eine leichte Zeltkonstruktion, die von im Halbkreis gebogenen, Stahlfachwerkbindern getragen wurde. Ihre östliche Stirnseite konnte gleich einem Tiermaul nach oben geöffnet werden. Dann "verspeiste" sie wahlweise das darin geparkte Luftschiff oder spie es im Frühjahr wieder aus. Dar alte Hangar konnte jedoch nicht beheizt werden, was eine winterliche Einhallung der Luftschiffe verkomplizierte, da sich mit sinkender Temperatur das Gas zusammenzog und damit an Tragfähigkeit verlor. Auch war infolge der kühlen Innentemperaturen eine zusätzliche Nutzung der Halle als Event- Location weitgehend ausgeschlossen.
2020 fand der Abriss des alten Hangars statt und der Aufbau einer neuen, wetterfesten Luftschiffhalle begann unmittelbar danach. Der Entwurf – ein Direktauftrag – stammt von dem ebenfalls in Mühlheim an der Ruhr ansässigen Planungsbüro Smyk Fischer Architekten. Das Tragwerk wurde von dem die Architekten beratenden Essener Ingenieurbüro Ripkens Wiesenkämper entwickelt. Von ihnen stammt auch der Vorschlag einer im Luftverkehrswesen ungewöhnlichen Holzkonstruktion. Anlass dafür war der Bauherrenwunsch nach einer maximalen Nachhaltigkeit dieses Projekts. Die Ausführung und die Montage der 14, jeweils in einem Halbkreis angelegten Fachwerkbinder und die darauf aufgelegte Holzschalung erfolgte durch die in Niederkrüchten ansässige W. u. J. Derix GmbH & Co. Die Halle ist 26 Meter hoch, misst innen 23 Meter im Lichten. Die Grundfläche des Hangars ist 92 Meter lang und 42 Meter breit.
Die neue Luftschiffhalle ersetzt einen etwas kleineren Vorgängerbau, der im Volksmund gerne als die "Grüne Raupe" bezeichnet wurde. Es handelte sich um eine leichte Zeltkonstruktion, die von im Halbkreis gebogenen, Stahlfachwerkbindern getragen wurde. Ihre östliche Stirnseite konnte gleich einem Tiermaul nach oben geöffnet werden. Dann "verspeiste" sie wahlweise das darin geparkte Luftschiff oder spie es im Frühjahr wieder aus. Dar alte Hangar konnte jedoch nicht beheizt werden, was eine winterliche Einhallung der Luftschiffe verkomplizierte, da sich mit sinkender Temperatur das Gas zusammenzog und damit an Tragfähigkeit verlor. Auch war infolge der kühlen Innentemperaturen eine zusätzliche Nutzung der Halle als Event- Location weitgehend ausgeschlossen.
2020 fand der Abriss des alten Hangars statt und der Aufbau einer neuen, wetterfesten Luftschiffhalle begann unmittelbar danach. Der Entwurf – ein Direktauftrag – stammt von dem ebenfalls in Mühlheim an der Ruhr ansässigen Planungsbüro Smyk Fischer Architekten. Das Tragwerk wurde von dem die Architekten beratenden Essener Ingenieurbüro Ripkens Wiesenkämper entwickelt. Von ihnen stammt auch der Vorschlag einer im Luftverkehrswesen ungewöhnlichen Holzkonstruktion. Anlass dafür war der Bauherrenwunsch nach einer maximalen Nachhaltigkeit dieses Projekts. Die Ausführung und die Montage der 14, jeweils in einem Halbkreis angelegten Fachwerkbinder und die darauf aufgelegte Holzschalung erfolgte durch die in Niederkrüchten ansässige W. u. J. Derix GmbH & Co. Die Halle ist 26 Meter hoch, misst innen 23 Meter im Lichten. Die Grundfläche des Hangars ist 92 Meter lang und 42 Meter breit.
Holzkonstruktion
Ein jeder der halbkreisförmigen Fachwerkbinder besteht aus vier Teilsegmenten, die in der Zimmerei vorgefertigt und per Tieflader angeliefert wurden. Vor Ort wurden zunächst jeweils zwei Segmente am Boden zusammengefügt und dann mittels Autokränen aufgerichtet. Dann wurde der Vorgang mit der zweiten Fachwerkbinderhälfte wiederholt und schließlich die beiden Halbbögen in ihrem Scheitel aneinander gekoppelt. Nach dem Stellen des nächsten Binders wurden diese mit stabilisierenden Querverbindungen verbunden. Alle Fachwerkbinder wurden anschließend mit einer Holzschalung belegt. Diese dient nicht nur als Träger für die Dachhaut, sondern fungiert auch als Queraussteifung der Hallenkonstruktion. Die Außenseite der hölzernen Hallenschalung wurde mit 15 Zentimeter starker Mineralwolle gedämmt und schließlich mit einem Stehfalzblech aus Zink verkleidet.
Eine Ausführung des Hangars als Holzkonstruktion war mit Blick auf den vorbeugenden Brandschutz unbedenklich. Denn anders als zu den großen Zeiten der Zeppeline in den 1930er Jahren sind die heutigen Prallluftschiffe nicht mehr mit dem feuergefährlichen Wasserstoff, sondern mit dem Edelgas Helium befüllt. Feuerkatastrophen, wie 1937 der Brand der Hindenburg in Lakehurst bei New York, sind deshalb nicht mehr zu befürchten. Aber natürlich muss der Hangar die regulären Brandschutzauflagen einer Industriehalle dieser Größe erfüllen und mindestens eine Feuerwiderstandsklasse T30 aufweisen.
Ein jeder der halbkreisförmigen Fachwerkbinder besteht aus vier Teilsegmenten, die in der Zimmerei vorgefertigt und per Tieflader angeliefert wurden. Vor Ort wurden zunächst jeweils zwei Segmente am Boden zusammengefügt und dann mittels Autokränen aufgerichtet. Dann wurde der Vorgang mit der zweiten Fachwerkbinderhälfte wiederholt und schließlich die beiden Halbbögen in ihrem Scheitel aneinander gekoppelt. Nach dem Stellen des nächsten Binders wurden diese mit stabilisierenden Querverbindungen verbunden. Alle Fachwerkbinder wurden anschließend mit einer Holzschalung belegt. Diese dient nicht nur als Träger für die Dachhaut, sondern fungiert auch als Queraussteifung der Hallenkonstruktion. Die Außenseite der hölzernen Hallenschalung wurde mit 15 Zentimeter starker Mineralwolle gedämmt und schließlich mit einem Stehfalzblech aus Zink verkleidet.
Eine Ausführung des Hangars als Holzkonstruktion war mit Blick auf den vorbeugenden Brandschutz unbedenklich. Denn anders als zu den großen Zeiten der Zeppeline in den 1930er Jahren sind die heutigen Prallluftschiffe nicht mehr mit dem feuergefährlichen Wasserstoff, sondern mit dem Edelgas Helium befüllt. Feuerkatastrophen, wie 1937 der Brand der Hindenburg in Lakehurst bei New York, sind deshalb nicht mehr zu befürchten. Aber natürlich muss der Hangar die regulären Brandschutzauflagen einer Industriehalle dieser Größe erfüllen und mindestens eine Feuerwiderstandsklasse T30 aufweisen.
Macht hoch die Tür
Der Mittelbereich des Fußbodens der insgesamt 3.864 Quadratmeter großen Halle besteht aus quadratischen, jeweils 1,50 Meter großen Betonfertigteil- Bodenplatten, insgesamt 525 Stück. Bei diesen handelt es sich um eine unmittelbare Zweitverwendung (Reuse) eines Industriebodens, der aus einer etwa sechs Kilometer entfernten und mittlerweile abgerissenen Halle stammt.
Wie auch bei der Vorgängerhalle kann die östliche Stirnseite für den Ein- und Ausflug der Luftschiffe geöffnet werden. Dabei bilden die beiden Torflügel jeweils sphärisch gekrümmte Dreiecke, die beim Ausfahren nur von der unteren Türangel gehalten werden. Der Öffnungsvorgang erfolgt separat für jeden Torflügel über einen zweiten, beweglichen Auflagerpunkt, den man sich in seiner Funktion wie eine kleine Rangierlok vorstellen kann. Dieser Antrieb ist fest mit dem Torflügel verbunden und sitzt auf einer Eisenbahnschiene, die einen Drittelkreis von der Tormitte nach außen beschreibt. Mit starken Elektromotoren werden damit Räder angetrieben, die sich auf diesen Schienen bewegen. Im geschlossenen Zustand sind die beiden doppelt gekrümmten Torflügel in ihren Scheitelpunkten arretiert. Wird das Tor geschlossen, wird mit einem mechanischen Greifer eine spezielle Hakenkonstruktion in der Torflügelspitze erfasst und diese wasserdicht an die eigentliche Hallenkonstruktion gezogen.
Der Mittelbereich des Fußbodens der insgesamt 3.864 Quadratmeter großen Halle besteht aus quadratischen, jeweils 1,50 Meter großen Betonfertigteil- Bodenplatten, insgesamt 525 Stück. Bei diesen handelt es sich um eine unmittelbare Zweitverwendung (Reuse) eines Industriebodens, der aus einer etwa sechs Kilometer entfernten und mittlerweile abgerissenen Halle stammt.
Wie auch bei der Vorgängerhalle kann die östliche Stirnseite für den Ein- und Ausflug der Luftschiffe geöffnet werden. Dabei bilden die beiden Torflügel jeweils sphärisch gekrümmte Dreiecke, die beim Ausfahren nur von der unteren Türangel gehalten werden. Der Öffnungsvorgang erfolgt separat für jeden Torflügel über einen zweiten, beweglichen Auflagerpunkt, den man sich in seiner Funktion wie eine kleine Rangierlok vorstellen kann. Dieser Antrieb ist fest mit dem Torflügel verbunden und sitzt auf einer Eisenbahnschiene, die einen Drittelkreis von der Tormitte nach außen beschreibt. Mit starken Elektromotoren werden damit Räder angetrieben, die sich auf diesen Schienen bewegen. Im geschlossenen Zustand sind die beiden doppelt gekrümmten Torflügel in ihren Scheitelpunkten arretiert. Wird das Tor geschlossen, wird mit einem mechanischen Greifer eine spezielle Hakenkonstruktion in der Torflügelspitze erfasst und diese wasserdicht an die eigentliche Hallenkonstruktion gezogen.
Ausblick
Auf der westlichen, dem Rollfeld des Flugplatz Mühlheim zugewandten Seite hat der Sockelbereich des Luftschiffhangars eine am Boden beginnende übermannshohe Verglasung erhalten. Sie dient der natürlichen Hallenbelichtung und gewährt einen fulminanten Panoramablick auf die Start- und Landebahn und auf praktisch alle Flugzeugbewegungen auf dem Verkehrsflugplatz. Die neue Halle ist in der kalten Jahreszeit beheizt, um für die darin untergebrachten Luftschiffe thermisch stabile Bedingungen zu gewährleisten. Damit empfiehlt sich die an eine Kathedrale erinnernde Halle aber auch als Event- Location der besonderen Art, da sie keine 30 Autominuten vom großen Düsseldorfer Flugplatz entfernt liegt. Sowohl kleinere Messen, besondere Konzerte oder richtig große Familienfeierlichkeiten finden hier regelmäßig statt.
Auf der westlichen, dem Rollfeld des Flugplatz Mühlheim zugewandten Seite hat der Sockelbereich des Luftschiffhangars eine am Boden beginnende übermannshohe Verglasung erhalten. Sie dient der natürlichen Hallenbelichtung und gewährt einen fulminanten Panoramablick auf die Start- und Landebahn und auf praktisch alle Flugzeugbewegungen auf dem Verkehrsflugplatz. Die neue Halle ist in der kalten Jahreszeit beheizt, um für die darin untergebrachten Luftschiffe thermisch stabile Bedingungen zu gewährleisten. Damit empfiehlt sich die an eine Kathedrale erinnernde Halle aber auch als Event- Location der besonderen Art, da sie keine 30 Autominuten vom großen Düsseldorfer Flugplatz entfernt liegt. Sowohl kleinere Messen, besondere Konzerte oder richtig große Familienfeierlichkeiten finden hier regelmäßig statt.
Mastwagen und Architekturpreis
Interessant zu wissen ist auch, dass für jedes Luftschiff in heutiger Zeit ein eigener Mastwagen erforderlich ist, der den Flug desselben immer am Boden begleitet. Will nun ein Luftschiff seinen Flug beenden, stellt sich das Fahrzeug am Landeplatz auf und fährt einen gut 30 Meter hohen Teleskopmast senkrecht nach oben aus. Daran macht das zugehörige Luftschiff mit seiner Bugspitze fest. Dazu kann der Pilot, ähnlich einem maritimen Schiffsanker, über einen Mechanismus aus der Bugspitze heraus ein Stahlseil ablassen, das dann von Helfern am Mastwagen fixiert wird. Parkt das Luftschiff im Freien, wird es immer nur an seiner Bugspitze gehalten. So kann sich jeder Zeppelin – ähnlich einem Windsack – immer mit dem Wind drehen. Darüber hinaus gilt die Auflage, dass die Kanzel eines im Freien abgestellten Luftschiffs durchgehend von einem Piloten besetzt sein muss.
Der Luftschiffhangar in Mühlheim/Ruhr wurde im Jahr 2023 mit dem Architekturpreis des Landes Nordrhein- Westfalen ausgezeichnet.
Robert Mehl, Aachen
https://www.baublatt.ch/baupraxis/luftschiffhangar-in-muelheim-an-der-ruhr-theo-bleibt-am-boden-36985
Interessant zu wissen ist auch, dass für jedes Luftschiff in heutiger Zeit ein eigener Mastwagen erforderlich ist, der den Flug desselben immer am Boden begleitet. Will nun ein Luftschiff seinen Flug beenden, stellt sich das Fahrzeug am Landeplatz auf und fährt einen gut 30 Meter hohen Teleskopmast senkrecht nach oben aus. Daran macht das zugehörige Luftschiff mit seiner Bugspitze fest. Dazu kann der Pilot, ähnlich einem maritimen Schiffsanker, über einen Mechanismus aus der Bugspitze heraus ein Stahlseil ablassen, das dann von Helfern am Mastwagen fixiert wird. Parkt das Luftschiff im Freien, wird es immer nur an seiner Bugspitze gehalten. So kann sich jeder Zeppelin – ähnlich einem Windsack – immer mit dem Wind drehen. Darüber hinaus gilt die Auflage, dass die Kanzel eines im Freien abgestellten Luftschiffs durchgehend von einem Piloten besetzt sein muss.
Der Luftschiffhangar in Mühlheim/Ruhr wurde im Jahr 2023 mit dem Architekturpreis des Landes Nordrhein- Westfalen ausgezeichnet.
Robert Mehl, Aachen
https://www.baublatt.ch/baupraxis/luftschiffhangar-in-muelheim-an-der-ruhr-theo-bleibt-am-boden-36985