Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Junior-Universität
Typ:
Kinder-Hochschule
Ort:
Wuppertal [Satellit]
Staat:
Deutschland
Architekt:
goedeking niedworok 🔗, Wuppertal
Materialien:
Beton, Metallkassettenfassade
Publiziert:
colore 10
Seiten:
60 - 65
Inhalt:
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Junior- Universität Wuppertal

Farbenspiel der Wissenschaft

Das Konzept Junior- Universität in Wuppertal ist bundesweit einzigartig. Sie will Kinder und Jugendliche neugierig auf Wissenschaft machen. Die kleine Hochschule ist rein privat finanziert und stützt sich vornehmlich auf Spenden der regionalen Wirtschaft. Brillux ist einer der Sponsoren.
Schulische Nachhilfe wird hier - wenn überhaupt - nur indirekt gegeben. Das Angebot versteht sich vielmehr als eine spielerisch-experimentelle Anleitung zum Lernen. Die Initiatoren wollen die Kinder und Jugendlichen neugierig auf Wissenschaft machen. Dabei richtet sich das Angebot primär nicht an Kinder reicher Eltern, sondern versucht insbesondere ärmere Schichten und auch Migranten anzusprechen. Entsprechend günstig sind die Kursgebühren angesetzt, Kurse mit vier bis acht Veranstaltungen á 90 Minuten kosten zwischen fünf und zehn Euro. Dazu kommt, dass die Teilnahmekarte auch die Benutzung der Schwebebahn mit einschließt, die vor der Uni hält.
Subtile Stadterneuerung
Die Initiatoren der freiwilligen Bildungseinrichtung haben bewusst einen Standort im stark urban geprägten Tal der Wupper gesucht. Im Bereich um die Loher Brücke leben sozial schwächer Gestellte und viele Migranten. Sehr bewusst hat man die Offerte der Stadt Wuppertal ausgeschlagen, leer stehende Schulen zu nutzen. Man wollte eben keine„Nachmittagsverwahrung“sein, bei der die Kinder nurzur Nachhilfe abgeben werden. Die Einrichtung sollte – auch baulich – etwas Universitäres haben und auch über eine Corporate Identity verfügen, was letztlich unerlässlich für eine privat geförderte und finanzierte Institution ist. Entsprechend wurde ein graphisches Konzept entwickelt, aus deren bunten Logo- Farben sich die Farben der markanten Fassadengestaltung ableiten.
Low- Budget- Solitär
Von Anfang an waren die Kosten auf rund 5 Mio. Euro gedeckelt, eine signifikante Verteuerung hätte zum Scheitern des gesamten Projekts geführt. So haben Goedeking Niedworok Architekten in fünf Tagen nicht nur einen Vorentwurf geschaffen, sondern auch eine letztlich zutreffende Kostenkalkulation aufgestellt. Der Bau ist eine amorphe Beton- Konstruktion, die über einen durchgehenden Treppen- und Nebenraumkern ausgesteift wird. Seine auffallend bunte Fassade besteht aus 1,20 m breiten, pulverbeschichteten Metallkassetten, die in irregulärer Folge mit geschosshohen Fensterbändern alternieren. Die Brüstungsfreiheit der Fenster ermöglicht zum einenden Kleineren unter den Kindern, nach außen zu schauen, schafft aber auch gerade in der Dämmerung Einblicke nach innen. Der Architekt Josef Johannes Niedworok möchte, dass in der Schwebebahn vorbeifahrende Menschen hineinschauen und dort die Kinder beim spielenden „Forschen“ sehen. So will er ganz generell allgemeines Vertrauen und auch Neugierde für diese Initiative schaffen.
Weg durch das Gebäude
In seinem Grundriss besteht der Bau aus drei im Dreieck angeordneten Kreisen, die tangential miteinander verbunden sind. Man betritt den Bau über ein großes Portal via-à-vis der Schwebebahnstation und gelangt in ein großes Foyer, das auch als Vortragssaal genutzt werden kann. In seinem hinteren Bereich befinden sich ein runder Anmeldetresen und eine gemütliche „Elternsitzecke“. Neben dem Foyer, auf der anderen Seite des lang gestreckten Gebäudekerns, befindet sich der Wupper zugewandt das so genannte Wasserlabor. Der Bau hat drei Obergeschosse mit insgesamt 18 Seminarräumen, wobei die naturwissenschaftlichen Labore darin eingeschlossen sind. Diese wie auch die Räume für die theoretische Wissensvermittlung sind fast alle auf der Nordseite untergebracht, um störendes Sonnenlicht zu vermeiden. Auf der Südseite befindet sich im 1. und 2.OG die Verwaltung.
Gute Sache macht Schule
2008 hat die Junior- Uni mit 20 Kursen begonnen, in diesem Jahr werden insgesamt 500 Kurse angeboten. Die Bildungseinrichtung hat eine bemerkenswert positive Wirkung auf das gesamte Viertel; ein Buchladen, ein Spielwarengeschäft und mehrere Cafés haben sich zwischenzeitlich angesiedelt. Auch die Politik hat die soziale Ausstrahlung des Projektes mittlerweile erkannt. So ist die amtierende Ministerpräsidentin von Nordrhein- Westfalen Hannelore Kraft dessen Schirmherrin.
Robert Mehl, Aachen