Projektart:
Anfrage:
per mail ✉
Objekt:
Centrum Kulturalno-Kongresowe (CKK) Jordanki
Typ:
Kultur- und Kongresszentrum
Ort:
Toruń [Satellit]
Staat:
Polen
Architekt:
Fernando Menis 🔗, Teneriffa
Materialien:
Picado, Beton
Publiziert:
Beton Bauteile 2019-2
Seiten:
10 - 15
Inhalt:
Kultur- und Kongresszentrum "Jordanki", in Toruń, Polen
Backsteinbrocken in Aspik
Die Innenwandflächen eines polnischen Konzerthaus wurden mit Betonfertigteilelementen verkleidet, in die grob zerschlagene Backsteine eingegossen sind. Die raumakustische Wirkung ist verblüffend effektiv, da der Schall stark gedämpft und diffusionsoffen abgestrahlt wird.
Zunächst stutzt man, wenn man die Aufnahmen betrachtet: Was soll dieser grobe, rote Ziegelputz mit Betonfertigteilen zu tun haben? Man denkt: ja - ein ganz nettes Innenraumfoto für den architektonischen Kontext. Sicherlich handelt der Beitrag von der diagonal angebrachten Außenfassade aus Betonsandwichfertigteilen. Diese wird später, an zweiter Stelle, behandelt, aber es geht wirklich um die roten Innenwände.
Wesen von "Picado"
"Picado" hat der Spanier Fernando Menis, sein Erfinder, diesen mineralischen Akustikdämmstoff getauft. Er ist auch der Architekt dieses Gebäudes, dem Kultur- und Kongresszentrum "Jordanki" im polnischen Toruń. Phonetisch naheliegend bedeutet das spanische Wort "Picar" picken, meint hier jedoch eher "zerkleinern". Der Picado- Grundstoff sind Backsteine minderer Qualität, die Menis von dem polnischen Ziegelhersteller Ceramsus bezogen hat. Diese wurden zunächst mit einem Presslufthammer in grobe Stücke zerschlagen und dann in einem lockeren Abstand von vielleicht 3 cm in einer liegenden Edelstahlschalung verteilt. Auf diese wurde eine dünne Bewehrung gelegt und schlussendlich wurde das Ganze mit einem dünnflüssigen Beton vergossen. So entstand ein 10 cm starkes Fertigteil.
Produziert wurden die teilweise dreidimensional angelegten Picado- Elemente in einer Feldfabrik vor Ort. Tatsächlich gab es nur wenige redundante Bauteile, der überwiegende Anteil bestand infolge ihres Umrisses, ihrer Kantenlängen und Abkantungen aus Einzelanfertigungen. Die Betonage musste in horizontaler Lage erfolgen, da ansonsten die leichteren Ziegelzuschläge aufgeschwommen wären. Nach einem ersten Anziehen wurden die Elemente zum Aushärten aufrecht in Lagergestellen untergebracht und schließlich mit einem kleinen Kranwagen zu ihrem Platz gefahren und eingehoben. Im Bereich des Foyers wurden diese in passgenaue Rohbauaussparungen eingesetzt. Im Konzertsaal hingegen wurden die Bauteile zu dreidimensionalen Picado- Landschaften zusammengefügt, welche die Übergänge der Wände zur Decke einnehmen oder die Übergänge von den Zuschauerrängen zum Konzertpodium sinnfällig kaschieren. So entstand ein höhlenartiger Konzertsaal mit einem Raumvolumen von 8.200 m³, der trotz seiner beachtlichen Größe eine subtil anheimelnde Ausstrahlung aufweist.
"Picado" hat der Spanier Fernando Menis, sein Erfinder, diesen mineralischen Akustikdämmstoff getauft. Er ist auch der Architekt dieses Gebäudes, dem Kultur- und Kongresszentrum "Jordanki" im polnischen Toruń. Phonetisch naheliegend bedeutet das spanische Wort "Picar" picken, meint hier jedoch eher "zerkleinern". Der Picado- Grundstoff sind Backsteine minderer Qualität, die Menis von dem polnischen Ziegelhersteller Ceramsus bezogen hat. Diese wurden zunächst mit einem Presslufthammer in grobe Stücke zerschlagen und dann in einem lockeren Abstand von vielleicht 3 cm in einer liegenden Edelstahlschalung verteilt. Auf diese wurde eine dünne Bewehrung gelegt und schlussendlich wurde das Ganze mit einem dünnflüssigen Beton vergossen. So entstand ein 10 cm starkes Fertigteil.
Produziert wurden die teilweise dreidimensional angelegten Picado- Elemente in einer Feldfabrik vor Ort. Tatsächlich gab es nur wenige redundante Bauteile, der überwiegende Anteil bestand infolge ihres Umrisses, ihrer Kantenlängen und Abkantungen aus Einzelanfertigungen. Die Betonage musste in horizontaler Lage erfolgen, da ansonsten die leichteren Ziegelzuschläge aufgeschwommen wären. Nach einem ersten Anziehen wurden die Elemente zum Aushärten aufrecht in Lagergestellen untergebracht und schließlich mit einem kleinen Kranwagen zu ihrem Platz gefahren und eingehoben. Im Bereich des Foyers wurden diese in passgenaue Rohbauaussparungen eingesetzt. Im Konzertsaal hingegen wurden die Bauteile zu dreidimensionalen Picado- Landschaften zusammengefügt, welche die Übergänge der Wände zur Decke einnehmen oder die Übergänge von den Zuschauerrängen zum Konzertpodium sinnfällig kaschieren. So entstand ein höhlenartiger Konzertsaal mit einem Raumvolumen von 8.200 m³, der trotz seiner beachtlichen Größe eine subtil anheimelnde Ausstrahlung aufweist.
Ton dämpft Ton
Die Betonpaneele in Picado- Bauart haben einen hervorragenden schalldämpfenden Effekt:
Ursache ist die Offenporigkeit des Ziegelgranulates. Schallwellen dringen in die Oberflächen ein, werden in den großen Poren merklich gedämpft und dann nach allen Seiten vollkommen ungerichtet wieder abgestrahlt (Schalldiffusion).
Neben den schalldämpfenden Eigenschaften der Picado- Bauteile besitzt der Bau eine weitere raumakustische Besonderheit. Unterhalb der Decke weisen die beiden großen Konzertsäle tonnenschwere, aber dennoch verschiebbare Akustiksegel aus diesem Material auf. Mit diesen ist es kurzfristig möglich, die Nachhallzeiten des Saales an ein bevorstehendes Event anzupassen. So bedarf es eines Nachhalls von1,85 sec für symphonische Konzerte, von 1,6 sec für Opern und 1,2 sec für Sprechtheater und für Kongresse. Dafür werden die 80 - 140 m² großen und 11 - 20 t schweren Deckensegel mittels hydraulisch synchronisierter Doppelmotoren bis zu 3 m in der Vertikalen und 5 m in der Horizontalen verschoben. Bei dieser Art von Antrieb stehen sich zwei Motoren gegenüber und drehen gemeinsam eine Welle, auf der die Kabelspindel sitzt.
Die Betonpaneele in Picado- Bauart haben einen hervorragenden schalldämpfenden Effekt:
Ursache ist die Offenporigkeit des Ziegelgranulates. Schallwellen dringen in die Oberflächen ein, werden in den großen Poren merklich gedämpft und dann nach allen Seiten vollkommen ungerichtet wieder abgestrahlt (Schalldiffusion).
Neben den schalldämpfenden Eigenschaften der Picado- Bauteile besitzt der Bau eine weitere raumakustische Besonderheit. Unterhalb der Decke weisen die beiden großen Konzertsäle tonnenschwere, aber dennoch verschiebbare Akustiksegel aus diesem Material auf. Mit diesen ist es kurzfristig möglich, die Nachhallzeiten des Saales an ein bevorstehendes Event anzupassen. So bedarf es eines Nachhalls von1,85 sec für symphonische Konzerte, von 1,6 sec für Opern und 1,2 sec für Sprechtheater und für Kongresse. Dafür werden die 80 - 140 m² großen und 11 - 20 t schweren Deckensegel mittels hydraulisch synchronisierter Doppelmotoren bis zu 3 m in der Vertikalen und 5 m in der Horizontalen verschoben. Bei dieser Art von Antrieb stehen sich zwei Motoren gegenüber und drehen gemeinsam eine Welle, auf der die Kabelspindel sitzt.
Wie Felsen in der Landschaft
Von außen erscheint der Bau wie ein artifizielles Felsensemble, das halb bedeckt wird von einer grasbestandenen, parkähnlichen Hügellandschaft. Diese Topographie birgt eine Tiefgarage. Die senkrechten, nicht von Vegetation kaschierten Fassadenbereiche sind, wenn sie nicht wie der Haupteingang verglast sind, mit diagonal montierten Sichtbetonelementen verkleidet. Eigentlich hatte sich der Architekt Menis hier Sandwichbauteile aus Weißbeton gewünscht; das Material war jedoch zu teuer und so behalf man sich mit ausgesucht hellen Gesteinszuschlägen. Der Zementhersteller Cemex kam dem auf Teneriffa ansässigen Planer jedoch soweit entgegen, dass er in seinen Schweizer Laboratorien umfangreiche Tests durchführte und einen sehr hellen Gesteinszuschlag mit einem zufriedenstellend hellen Farbton ermittelte. Diese 20 cm dicken Vorwandelemente bestehen neben dem Beton aus einer 10 cm starken Foamglasdämmung. Dahinter sitzt noch eine zweite Dämmebene aus 15 cm Mineralwolle. Durch diese hindurch wurden die Bauteile mit Schöck- Thermoankern an der bis zu 70 cm starken Rohbaukonstruktion befestigt.
Von außen erscheint der Bau wie ein artifizielles Felsensemble, das halb bedeckt wird von einer grasbestandenen, parkähnlichen Hügellandschaft. Diese Topographie birgt eine Tiefgarage. Die senkrechten, nicht von Vegetation kaschierten Fassadenbereiche sind, wenn sie nicht wie der Haupteingang verglast sind, mit diagonal montierten Sichtbetonelementen verkleidet. Eigentlich hatte sich der Architekt Menis hier Sandwichbauteile aus Weißbeton gewünscht; das Material war jedoch zu teuer und so behalf man sich mit ausgesucht hellen Gesteinszuschlägen. Der Zementhersteller Cemex kam dem auf Teneriffa ansässigen Planer jedoch soweit entgegen, dass er in seinen Schweizer Laboratorien umfangreiche Tests durchführte und einen sehr hellen Gesteinszuschlag mit einem zufriedenstellend hellen Farbton ermittelte. Diese 20 cm dicken Vorwandelemente bestehen neben dem Beton aus einer 10 cm starken Foamglasdämmung. Dahinter sitzt noch eine zweite Dämmebene aus 15 cm Mineralwolle. Durch diese hindurch wurden die Bauteile mit Schöck- Thermoankern an der bis zu 70 cm starken Rohbaukonstruktion befestigt.
Der Stadt würdig
Auch wenn man in unseren Breiten Toruń kaum kennt, verströmt die Stadt an der Weichsel, die sich etwa auf halbem Weg zwischen Warschau und Danzig befindet, regelrecht Kultur. Einst an der Westgrenze Ostpreußens gelegen, wurde die frühere Hansestadt im Zweiten Weltkrieg kaum zerstört. Ihr von der Backsteingotik stark geprägtes Zentrum wurde 1997 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Das Kultur- und Kongresszentrum (CKK ist die polnische Abkürzung) Jordanki liegt an dem einstigen Stadtmauerring, der heute ein Grüngürtel ist.
Das CKK besitzt eine Bruttogeschossfläche von 46.971 m² und hat rd. 51 Mio. Euro gekostet. Der Bau ist annähernd von Ost nach West orientiert. Man betritt ihn über ein Foyer an seiner Ostseite, der große Saal schließt hieran direkt an. Südlich von diesem, nur durch eine großflächig zu öffnende Brandwand getrennt, folgt der zweite etwas kleinere Saal. Im Norden wie im Süden wird dieses Ensemble von zwei geradlinigen, aber im Vergleich hierzu schmal erscheinenden Seitenflügeln beschlossen, die die Probenräume, Büros und Fluchtreppenhäuser beherbergen.
Wirklich imponierend an dem Bau ist jedoch die integrative europäische Idee, die ihm innewohnt: Da baut ein Architekt vom westlichsten Außenposten der EU, den kanarischen Inseln, einen den schönen Künsten gewidmeten Bau ganz tief im europäischen Osten. Eigentlich müsste dort immerfort Ludwig von Beethovens "Ode an die Freude" - die EU- Hymne - gespielt werden.
Robert Mehl, Aachen
Auch wenn man in unseren Breiten Toruń kaum kennt, verströmt die Stadt an der Weichsel, die sich etwa auf halbem Weg zwischen Warschau und Danzig befindet, regelrecht Kultur. Einst an der Westgrenze Ostpreußens gelegen, wurde die frühere Hansestadt im Zweiten Weltkrieg kaum zerstört. Ihr von der Backsteingotik stark geprägtes Zentrum wurde 1997 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Das Kultur- und Kongresszentrum (CKK ist die polnische Abkürzung) Jordanki liegt an dem einstigen Stadtmauerring, der heute ein Grüngürtel ist.
Das CKK besitzt eine Bruttogeschossfläche von 46.971 m² und hat rd. 51 Mio. Euro gekostet. Der Bau ist annähernd von Ost nach West orientiert. Man betritt ihn über ein Foyer an seiner Ostseite, der große Saal schließt hieran direkt an. Südlich von diesem, nur durch eine großflächig zu öffnende Brandwand getrennt, folgt der zweite etwas kleinere Saal. Im Norden wie im Süden wird dieses Ensemble von zwei geradlinigen, aber im Vergleich hierzu schmal erscheinenden Seitenflügeln beschlossen, die die Probenräume, Büros und Fluchtreppenhäuser beherbergen.
Wirklich imponierend an dem Bau ist jedoch die integrative europäische Idee, die ihm innewohnt: Da baut ein Architekt vom westlichsten Außenposten der EU, den kanarischen Inseln, einen den schönen Künsten gewidmeten Bau ganz tief im europäischen Osten. Eigentlich müsste dort immerfort Ludwig von Beethovens "Ode an die Freude" - die EU- Hymne - gespielt werden.
Robert Mehl, Aachen