Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Nationalstadion Mané Garrincha
Typ:
Fußballstadion
Ort:
Brasilia [Satellit]
Staat:
Brasilien
Architekt:
Materialien:
UHPC-Beton, BFT
Publiziert:
Beton Bauteile 2015
Seiten:
24 - 29
Inhalt:
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Estádio Mané Garrincha, Brasilia

Ursprünglich waren Fertigteile vorgesehen

Das neue Stadion ersetzt an gleicher Stelle eine Mehrzweckarena aus dem Jahre 1974. Sie liegt direkt an der Eixo Monumental, der zentralen Mittelachse der von Lúcio Costa großzügig entworfenen und von den Bauten Oscar Niemeyers geprägten Plan- und Hauptstadt im brasilianischen Hinterland.
Der ursprüngliche Gedanke war, dass der Sohn des Architekten, nämlich Eduardo Castro Mello, den Altbau nur ertüchtigen und drei weitere Tribünen hinzufügen sollte. In Ergänzung dazu erstellte ein Konsortium, bestehend aus den Hamburger Architekten gmp und dem Stuttgarter Ingenieurbüro sbp für ein ergänzendes Stadiondach.
Der Stützenwald
Deren Konzept war es, sich auch formal an die ausgesprochen auf Beton ausgerichtete Architektursprache der brasilianischen Kapitale anzupassen, weshalb sich die deutschen Planer schnell auf diesen Werkstoff festlegten. Des Weiteren wollte man mit der Überdachung auch eine Referenz an den Bestand schaffen. Er sollte weiterhin als eigenständiger Bau erkennbar sein und gleichzeitig geschützt werden – letztlich die klassische Leitlinie für ergänzende Entwürfe in der Denkmalpflege. Das Resultat ist quasi eine Einhausung, die 288 Säulen zählt und den Stadionbau von Mello in kreisrunder Anordnung umgibt. Auf diesem Säulenring liegt eine flache, ebenso runde Dachkonstruktion, welche die volle Tiefe von etwa 25 m dieses runden »Portikus« einnimmt. Dach und Säulen sind aus Beton, letztere gar aus Ultra- High- Permance- Concrete (UHPC). Der Baustoff empfahl sich, um bei Höhen von bis zu 59 m die erforderliche Druckfestigkeit für den angestrebten, ausgesprochen geringen Durchmesser von nur 1,20 m zu erhalten. Das erwähnte Betondach fungiert als der statisch erforderliche Druckring eines stützenlosen Ringseildaches, das die innere Tribünenschüssel mit einem PTFE- Membrandach schützt.
Baustoffauswahl
Im Gespräch weist der leitende Direktor von ‚gmp do Brazil’ Martin Glass darauf hin, dass Druckringe in der Regel in Stahl ausgeführt werden. Er ergänzt, dass der 25 m starke Druckring hier bewusst in Beton realisiert wurde und zusammen mit dem Säulenwald darunter natürlich als eine Hommage an den großen brasilianischen Architekten Niemeyer zu verstehen ist. Gleichzeitig fungierten die Säulen als Fassade und stehen für die Tradition der brasilianischen Moderne. Die ursprüngliche Gutachterempfehlung von gmp und sbp schlug vor, die 288 umgebenden Säulen als Betonfertigteile auszuführen. Doch die brasilianische Baufirma Guitierrez, welche zugleich Generalunternehmer des Projektes war, favorisierte zum Bedauern der externen Berater eine Ortbetonausführung.
Innere Stadionschüssel
Die in der Wahrnehmung dominanten Tribünenstufen der inneren Stadionschüssel des brasilianischen Architekten Eduardo Castro Mello bestehen, wie auch bei den sechs weiteren Stadien, die für die diesjährige Fußball- Weltmeisterschaft in Brasilien neu gebaut wurden, aus Betonfertigteilen. Bei den fünf anderen – denn insgesamt gab es bekanntlich zwölf Arenen – handelt es sich um Kernsanierungen, bei denen, etwa wie in Belo Horizonte, Teile der Ränge erhalten und andere ersetzt wurden. Tatsächlich sollte in den allerersten Planungen auch das alte Stadion von Brasilia nur ertüchtigt und um drei weitere Tribünen ergänzt werden. So kam auch das respektvoll umschließende Säulenringkonzept von gmp zustande. Zur Überraschung der deutschen Planer wurde der Altbau aber kurz nach Baubeginn gesprengt und der heutige Neubau realisiert. Damit hatte das Projekt mit der ursprünglichen Entwurfsidee eines ergänzenden »Neu zu Alt« nur noch wenig gemein.
Robert Mehl, Aachen