Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Blue Office
Typ:
Büro- / Verwaltungsgebäude
Ort:
Bochum [Satellit]
Staat:
Deutschland
Architekt:
Materialien:
Betonfertigteile, Kiefernholz, Glas
Publiziert:
colore 11
Seiten:
22 - 27
Inhalt:
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Bürogebäude Blue Office in Bochum

Frische Farbe ins Büro

Das interdisziplinäre Architekturbüro SSP realisierte zur eigenen Nutzung einen Neubau unweit der Bochumer Ruhr- Universität. Das Gebäude ist geprägt von einer optimalen Nutzungsflexibilität, ressourcenschonenden Verwendung von Baustoffen wie auch durch eine nachhaltige Konzeption der Haustechnik.
Das Anliegen der SchürmannSpannel AG, kurz SSP, ist es, mit allen Themen des energiegerechten Bauens vernünftig umzugehen. Im Grunde besteht der Bau aus einem Rohbaukern mit massiven Betondecken, die großflächige Dreifachverglasung nimmt eine Fassadenkonstruktion aus Kiefernholz auf, und gedämmt wird alles mit natürlichen Materialien.
Flexible Grundrisse
Aktuell stehen bei SSP die Zeichen auf Wachstum, doch man blieb bei der Konzeption des Gebäudes bewusst vorsichtig. So kann der im Hang stehende Bau fast ohne baulichen Aufwand flexibel in bis zu sechs autark funktionierende Büroflächen mit jeweils rund 240 m² separiert werden. Vier davon, im Zuschnitt weitgehend identisch, stapeln sich zu einem nördlichen Flügel, zwei bilden im Süden ein Doppelgeschoss. Zwischen den beiden Flügeln haben die Architekten von SSP das sogenannte Forum angeordnet, einen multifunktionalen Veranstaltungsraum für etwa 90 Personen. Der Saal besitzt Auditoriumsqualitäten, da er dem Hanggefälle freitreppenartig folgt. Belüftet wird der Raum zusätzlich auf natürliche Weise: Im Dach darüber sind vier auffahrbare Oberlichter angeordnet und in der großen Glasfront können Glaslamellen geöffnet werden, so dass ein rascher Luftaustausch sichergestellt ist. Durch die Oberlichter gelingt es das Forum auch in der Tiefe des Raumes mit Tageslicht zu fluten. Das einfallende Tageslicht trifft dabei in einem lebhaften Schattenspiel auf die orangefarben angelegten Innenwände des Forums.
Das Farbkonzept
SSP- Vorstandsmitglied und Architekt Thomas Schmidt bezeichnet die orangefarbenen Wände als Flächen, die den Betrachter durch das gesamte Gebäude begleiten. Gesucht wurden Farben, die eine gewisse „Frische“ in die Räume bringen. Bewusst wurde dabei auf aggressive Signalfarben, wie etwa rot verzichtet. Tatsächlich zeigen die orangefarbenen Flächen durch eine transluzent, offene Grundrissstruktur eine allgegenwertige Präsenz im gesamten Erdgeschoss.
Ein zweiter, bewusster Farbakzent wurde im Treppenhaus geschaffen. Hier wählten die Architekten ein leuchtend helles Grün, nicht zuletzt auch deshalb, weil nur ein einziges Oberlicht die Fluchttreppe natürlich erhellt.
Alle übrigen Innenwandflächen wurden in Weiß gehalten, wobei man großen Wert auf eine sehr matte Oberfläche legte, um so zusätzliche Reflektionen in dem ausgesprochen hellen Gebäude zu vermeiden. Der ausführende Betrieb des Malermeisters Franz Amzehnhoff verwendete hierzu das matteste Produkt aus dem Brillux- System - sowohl für die Farb- wie auch für die Weißflächen.
Auch wenn die Architekten nur wenige Farbflächen direkt auf die Wände applizieren ließen, gingen sie sehr bewusst mit dem Thema Kolorierung um. Für sie stellt nämlich die natürliche Farbigkeit der Materialien eine weitere Komponente dar, die es bewusst einzusetzen galt. So ließen sie die Kiefernholzoberfläche der Fassadenprofile sichtbar und führten die Freitreppe im Forum dazu passend in Seekiefer aus. Auch die Untersichten der Geschossdecken wurden in Sichtbeton ausgeführt und blieben unbehandelt. Da sie als passive Wärmespeicher fungieren, bot sich dies auch aus energetischen Gründen an.
Einen weiteren, sehr bewussten Farbakzent setzt das Büro an den Innenwänden durch das pointierte Aufhängen von teils großformatiger, moderner Kunst. Deren reichhaltige Präsenz fördert nicht nur das kreative Arbeiten innerhalb der Büroräume, sondern verleiht dem Bau darüber hinaus eine subtil museale Note. Thomas Schmidt sieht die pointierte Farbigkeit im Inneren, gerade in Kombination mit den weißen Wandflächen, auch als Kontrast zur äußeren, anthrazitfarbenen Außenhaut des Bürogebäudes.
Warum „Blue Office“?
Im Jahr 1961 forderte Willy Brand auf einer Wahlkampfveranstaltung angesichts einer für heutige Verhältnisse unfassbaren Luftverschmutzung des Ruhrgebietes, dass der Himmel über demselben wieder blau werden müsse. Tatsächlich ist durch den Strukturwandel und das zunehmende Umweltbewusstsein seitdem viel geschehen. Die Architekten und Ingenieure von SSP sehen sich daher im übertragenen Sinne auch noch heute dem damaligen Appell verpflichtet und leisten mit dem Blue Office ihren Beitrag.
Robert Mehl, Aachen