Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Markpotenzial Fassaden
Typ:
Markforschung
Ort:
Wien
Staat:
Österreich
Architekt:
Marktforschungsinstitute: branchenradar 🔗, Interconnection Consulting 🔗
Materialien:
Telefonumfrage, Markterhebungen
Publiziert:
metallbau 04/2022
Seiten:
52 - 54
Inhalt:
[Artikel]      
 

Jährlich 4,2% Zuwachs bis 2024

Marktpotenzial Fassaden

Laut Studie des Wiener Marktforschungsinstituts „Interconnection Consulting“ soll der Markt der Vorhangfassaden im Jahr 2021 um 7,5% rückläufig gewesen sein. Ab diesem Jahr und bis 2024 geht die Prognose von einem jährlichen Zuwachs von 4,2% aus.
Im Zusammenhang mit der im Oktober erneut anschwelenden Pandemie klingt die Meldung plausibel. Das österreichische Marktforschungsinstitut Branchenradar hatte die Ergebnisse der damals aktuellen Studie publik gemacht und vermeldet, dass der deutsche Markt für vorgehängte, hinterlüftete Fassaden (VHF) im Jahr 2020 kaum Zuwächse verzeichnet; er hätte sich "mehr oder weniger nur seitwärts" entwickelt. Die Ursachen hierfür erkannte man vornehmlich im schwächelnden Nicht- Wohnbau. Nach dieser Umfrage stiegen die Herstellerumsätze nur noch moderat um 0,5 % gegenüber dem Vorjahr auf 245,4 Mio. Euro. Der Analyse zufolge wurde diese Entwicklung durch eine Preisstagnation am Markt flankiert. Zuwächse verzeichnet hätte man hingegen bei Fassadenverkleidungen aus Metall und anderen Materialien wie etwa Stein oder Keramik, was vorwiegend Vorhangfassaden aus Naturstein- oder Ziegeln meint. Hier wurden Zuwächse von 3,2 bzw. 8,2 % ermittelt. Einen Rückgang von 0,5 % ermittelte das Marktforschungsinstitut dagegen für Faserzementverkleidungen. Die stärkste Kontraktion mit einem Minus von 3,6 % entfiel jedoch auf im Hochdruckpress- Verfahren hergestellte Laminattafeln, besser bekannt als High pressure laminate (HPL) Platten.
Die Studie prognostizierte insgesamt allerdings eine Verbesserung der Lage, nicht zuletzt befeuert durch die damals schon spürbare, anziehende Marktdynamik. Auch verzeichnete man schon im Herbst eine Erhöhung der Erlöse um rd. 7 % und erwartete eine weitere Erhöhung um 4 % für das Folgejahr.
Telefonumfrage
Die Redaktion metallbau hat nun zum Hörer gegriffen und in nicht repräsentativer Weise elf Metallbaufirmen angerufen, darüber hinaus einige Ingenieurbüros sowie Verbände kontaktiert und diese nach ihren persönlichen Eindrücken gefragt.
Dabei konnten zehn der elf befragten Unternehmen keinerlei, mutmaßlich pandemiebedingte Umsatzstagnation oder gar einen Rückgang an ihren eigenen Umsätzen nachvollziehen. Eine Firma räumte jedoch ein, dass zwischendurch durchaus ein Rückgang zu verzeichnen war. Als Ursache sieht dieses Unternehmen vor allem erheblich verlangsamte Bewilligungsverfahren infolge einer Verlagerung der Sachbearbeitung ins Home- Office. Hier würden einerseits die Arbeitnehmer regelmäßig mit technischen und mit Netzproblemen konfrontiert sein, andererseits sei eine Entscheidungsfindung über Online- Meetings häufig weniger entschlussfreudig. Entscheidungsketten liefen daher deutlich langsamer ab, was verständlicherweise zu einer Verzögerung auf der Baustelle führt.
Wir wollten zudem wissen, ob diese Firma den Eindruck hat, dass ein Umdenken in der Projektausführung stattgefunden hat. Hier wurde eingeräumt, dass Entscheidungen hinsichtlich der Verwendung bestimmter Produkte bewusst hinausgezögert wurden, um weiter die Entwicklung am Markt zu beobachten. Kunden behielten sich gegebenenfalls vor, auf ein anderes Fassadenmaterial zu wechseln. So begegnete man Kunden, die bewusst auf Zeit spielten und auf fallende Preise spekulierten. Als sich aber die aktuelle Preisexplosion am Markt abzuzeichnen begann, reagierten genau diese Kunden ansatzweise mit Panikaufträgen.
Ein weiteres Phänomen, das beobachtet wurde, war eine Teilbeauftragung. So wurde zunächst von den Bauherren die Beschaffung der Unterkonstruktion bewilligt und erst als diese eingetroffen war, wurde tatsächlich erst das Dämmmaterial geordert. Grundsätzlich bedeutete das aber nicht, dass die Bauherren sich bis zuletzt die Wahl der Fassadenverblendung offenhielten: Denn an eine Unterkonstruktion für eine Metallfassade kann man nicht ohne weiteres HPL- Platten montieren.
Welche Fassadenausführungen sich nun einer verstärkten Nachfrage erfreuen, und für welche der Ausführungen diese Nachfrage nun sinken würde, darauf wollten sich das Unternehmen, das verschiedene Fassadenarten anbietet, nicht festlegen. Eine solche Aussage könnte das Unternehmen in der Regel nicht anhand der Zahlen abgebern, da die Umsätze nicht nach Fassadenarten differenziert werden.
Insiderstimmen
Dr. Peter Christian Lang vom Verband Fenster + Fassade (VFF) stellt zunächst fest, dass sein Verband zu Vorhangfassaden im Gegensatz zum Fenster- und Außentürenmarkt keine eigenen Marktzahlen erhebt und daher mit einem Mitanbieter des Branchenradars, der ebenfalls in Wien ansässigen „Interconnection Consulting“ (IC) zur Erhebung der Fassadenmarktzahlen kooperiert. Diese Studien stellt der Verband seinen Mitgliedern zur Verfügung und bietet sie außerdem zum Kauf an. Dr. Lang zitiert aus der entsprechenden IC- Studie vom letzten Sommer, in der allgemein festgestellt wird: "Der Markt für Vorhangfassaden – getrieben vom Objektbau – verzeichnet dabei 2020 einen leichten Rückgang (-1,1 %) wobei 2021 mit einem Rückgang von -7,5 % deutlich schlechter ausfällt. Ab 2022 ist jedoch mit einer nachhaltigen Erholung am Markt und einem CAGR von +4,2 % im Prognosezeitraum 2021-24 zu rechnen."<br< Die Abkürzung "CAGR" benennt die „Compound Annual Growth Rate“ und bedeutet übersetzt soviel wie „durchschnittliche jährliche Wachstumsrate“. Speziell zu den Fassadentypen stellt die Studie fest: "Bezüglich der Fassadentypen ist in Deutschland eine Präferenz für Elementfassaden (41,0 %) festzustellen. Diese ist jedoch geringer als in anderen Ländern. Pfosten- Riegel- Fassaden (35,0 %) hingegen verlieren stetig an Marktanteil. Einerseits sind Elementfassaden teurer als Pfosten- Riegel- Fassaden, andererseits sind sie praktischer, weil sie Fabrikvorteile, eine schnellere Installation und hohe Qualität bieten."
Dr. Lang stellt fest, dass konkret zu "Vorgehängten Hinterlüfteten Fassaden" die IC- Studie keine Daten ausweist. Er resümiert aber, dass die Grundaussagen des Branchenradars und der IC- Studie gut vergleichbar seien.
Eine weitere, der Redaktion bekannte Quelle, die jedoch namentlich nicht benannt werden will, meldet allerdings starke Bedenken hinsichtlich des Aussagewertes von solchen Studien an. Grundsätzlich bliebe unklar, auf welchen Grundlagen diese Erhebungen basieren, da in Deutschland keine Marktzahlen erhoben würden. Insofern könnte man eigentlich nicht seriös bewerten, ob etwa die Pandemie zu einem Rückgang der Marktzahlen geführt hat. Die Quelle stellt weiter fest, dass die Leute, die montieren, ja nicht im Home- Office säßen und Verzögerungen nicht wegen gedehnten Entscheidungsketten einträten, sondern viel eher aufgrund von Lieferschwierigkeiten. Und genau dies sei ein Problem, wenn ein Betrieb vielleicht nur 10 % von dem von ihm bestellten Materialkontingent erhält.<br< Da - wie weiter oben erwähnt - offiziell keine entsprechenden Zahlen in der deutschen Bauindustrie erhoben werden, würde man sich daher an den Bauraten für den Eigenheimbau bzw. dem Wohnungsbau orientieren. Dabei hätte man jedoch über die Jahre die Erfahrung gemacht, dass sich die Marktentwicklung im allgemeinen Metallfassadenbau in der Regel im Gleichklang mit den dortigen Bauraten bewegt.
Vorgehensweise Branchenradar
Vor dem Hintergrund der geäußerten Bedenken, haben wir auch das Markforschungsinstitut Branchenradar direkt kontaktiert, und Aferdita Bogdanovic, dort Head of Sales & Marketing, beantwortete uns entgegenkommend unsere Rückfragen: In der eingangs erwähnten Studie ging es um vorgehängte, hinterlüftete Fassaden an sich. Nicht gefragt wurde dagegen nach Sandwichpaneelen, auch nicht nach Holz oder Aluminiumverbundplatten. Darüber hinaus wurde auch nicht der Bedarf an entsprechendem Befestigungsmaterial abgefragt. Zu Sandwichpaneelen in Deutschland stellte Bogdanovic eine eigene Studie zeitnah in Aussicht.
Grundsätzlich erhebt das Markforschungsinstitut seine Daten anhand digitaler Fragebögen und bildet mit seinen Erkenntnissen immer nur die jeweils gemachten Angaben ab. Ob diese nun der Wahrheit entsprechen oder nicht, könnte im Einzelfall nicht bewertet werden. Es wäre jedoch davon auszugehen, dass die Zahlen weitgehend der Wahrheit entsprechen. Allerdings wird oft die Erfahrung gemacht, dass „Stimmen" meinen, der Markt könne so nicht ausschauen.
Die im Oktober 2021 vermeldeten Zahlen bezogen sich auf das vergangene Jahr. Für das laufende Jahr würden aktuell wieder Erhebungen laufen, die im kommenden Herbst publiziert werden. Dann könnte man auch beurteilen, wie sich die Zahlen entwickelt haben und ob sich die seinerzeit attestierte Entwicklung verfestigt hat. Genauere Zahlen wie auch Quellennachweise würden im nichtöffentlichen Teil der Studie gemacht werden, welcher aber kostenpflichtig sei – entsprechend des Geschäftsmodells des Institutes.
Mehr Information
Leider unterscheidet die aktuelle Studie des Branchenradars nicht nach Elementfassaden, Pfosten-/Riegelfassade oder VHF- Fassaden. Sie wurden unter dem Werkstoff "Metall" zusammengefasst und folgenden Produktgruppen gegenübergestellt: Faserzementfassaden, HPL- Fassaden und sonstige, wie etwa keramische Bauweisen. Freundlicherweise hat das Marktforschungsinstitut, eine entsprechende Vergleichstabelle zur Verfügung gestellt, die in der Anlage abgedruckt ist. Mehr Informationen erhält man nach Erwerb der rund 100-seitigen Studie beim Branchenradar, für die jedoch 4200,- Euro berechnet wird. Günstiger zu erwerben wäre die Studie über ein Abonnement, in welchem dieselbe immerhin noch mit 3500,- Euro zu Buche schlägt. Diese Studien sind grundsätzlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt und dienen den Herstellern dazu, intern zu erkennen, "was sich am Markt getan hat".
Die Presseaussendungen hingen, so räumt Aferdita Bogdanovic ein, geben natürlich einerseits ein bisschen Information preis, künden von etwaigen Marktveränderungen und erfreuen sich damit entsprechender Beliebtheit in den Fachmedien. Natürlich möchte das Marktforschungsinstitut auf diese Weise auch ein Interesse am Ankauf des eigenen Produktes schaffen.
Das Branchenradar erstellt jährlich etwa 140 verschiedene Studien für die unterschiedlichsten Industriezweige. Konträren Meinungen zu diesen Studien würde man oft begegnen, insbesondere im Bereich von Fertighäusern.
Robert Mehl, Aachen
RWTH Aachen University: Center for Wind Power Drives, Nordfassade
RWTH Aachen University: Forschungscampus Digital Photonic Production, Nordöstliche Gebäudeecke
RWTH Aachen University: Studentenwohnheim Otto-Intze-Haus, Nordostfassade