Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Soccer City Stadium
Typ:
Fußballstadion
Ort:
Johannesburg [Satellit]
Staat:
Südafrika
Architekt:
Boogertman + Partners 🔗, Johannesburg
Materialien:
Betonfertigteile, Stahl
Publiziert:
taz 31.05.2011
Seiten:
11
Inhalt:
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Leserbrief zum Artikel „Das Giftrevier von Grootvlei“ vom 27.5.2011

Das Elend wird ignoriert

 
Eigentlich bin ich froh, dass der Artikel erschienen ist! Vor ziemlich genau einem Jahr war ich in Johannesburg, um im Vorfeld der Fußball WM eine Architekturreportage über das Soccer City Stadion zu machen.
Vor Ort fiel mir auf, dass fast unmittelbar neben dem Stadion zwei riesige Abraumhalden existieren. Offensichtlich waren sie schon seit Jahrzehnten halbwegs stillgelegt, da eine üppige Vegetation aus niederem Gehölz sich fast bis zur Kuppe erstreckte, die ich auf knapp 200 Meter über dem allgemeinen Niveau einschätze. Natürlich wollte ich dort hinauf, um aus etwa 600 Meter Entfernung eine geniale Vogelperspektive vom Stadion zu machen. Unmittelbar am Sockel de Halde führt eine neue Straße entlang. Es ist eine Zufahrtstraße zum Stadion, die für die Anlieferung gedacht ist. Direkt neben der Straße war ein 2 Meter hoher Bauzaun, der jedoch nur halbherzig absicherte und alle paar Meter eine bequeme Öffnung für Passanten bot. Hier gelangte man auf einen Trampelpfad der vielleicht zwei Meter von der Straße entfernt parallel zu ihr verlief. Rechter Hand davon war ein vielleicht 1,5 Meter tiefer und 2 Meter breiter Graben. In ihm floss ein Bach, dessen Gewässer man jedoch nicht ansatzweise als Wasser bezeichnen konnte. Vielmehr erinnerte die Färbung an ein gebrauchtes Pinselglas eines Malkastens: Blickdichtes leuchtend grünes Liquid, alternierte mit etwas in einem kräftigen Braunton, nur um dann von einer türkisblauen Schwade transparenter Flüssigkeit durchzogen zu werden. Garniert war das Ganze von kleineren Schaumschlieren.
Erschreckt habe ich nur schon damals die unmittelbare Nähe von Weltgeschehen und Umweltkatastrophe gesehen. Die Welt blickt auf Soccer City und ignoriert das Elend daneben. Klammheimlich habe ich mich zudem gefragt, ob diese Umweltgifte nicht auch als Aerosol während der Spiele zu den abertausend Teilnehmern und Zuschauern übertragen werden können. Beziehungsweise inwieweit dort alles komplett kontaminiert ist. Nun weiß ich, dass mein Gefühl mich nicht trog.
Robert Mehl, Aachen