Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Oper Sydney (Erweiterung)
Typ:
Opernhaus
Ort:
Sydney [Satellit]
Staat:
Australien
Architekt:
Jørn Utzon 🔗, Kopenhagen
Materialien:
Betonfertigteile
Publiziert:
DBZ 10/2006
Seiten:
6
Inhalt:
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Utzon erweitert die Sydney- Opera

Gang zum Propheten

 
Genau 40 Jahre ist es her, als der Däne Jørn Utzon im Streit aus dem Projekt ausstieg, seine Pläne für den Innenausbau mitnahm und das halbfertige neue Wahrzeichen des australischen Kontinents seinem Schicksal und dem Willen seiner widerspenstigen Bauherren überlies.
Fertig geworden ist die Oper von Sydney erst nach 15-jähriger Bauzeit 1973. Der Innenausbau wurde nach Plänen von Peter Hall ausgeführt, der Opernhaus und Symphonie tauschte, womit das Haus weniger Sitzplätze, aber angeblich eine bessere Akustik erhielt.
Ungeachtet dieser Umstände avancierte die Oper schnell zum meist genutzten Konzerthaus der Welt. Der starke Andrang führte bald schon zu einer weiteren Verwässerung von Utzon’s Entwurfskonzept. Dem Architekten schwebte eine bauliche Trennung von Kunstgenuss und Infrastruktur vor, allein die Opernveranstaltungen sollten in den drei bekannten muschelartigen Baukörpern stattfinden, alles andere in dem gewaltigen roten Kunststeinsockel darunter. Betreten sollten die Besucher den Bau über eine große Freitreppe, die von außen auf das Eingangsplateau hinaufführt und die darunter gelegene gewaltige LKW- Anfahrt diskret kaschiert.
Gekommen ist es anders: Heute landet die überwiegende Anzahl der Besucher an dem zum Busbahnhof erweiterten Lieferanteneingang an, und in dem weitläufigen Unterbau wurden drei weitere kleine Bühnen eingerichtet. Erschlossen wurden sie über eine unprätentiöse Fluchttür, die auf die vorgelagerte Uferpromenade mündete. 1998 wurde der anschließende Kellerraum zu einem fensterlosen Foyer umgestaltet.
2004, ein Jahr nachdem Utzon nicht zuletzt wegen der Oper den Pritzker- Preis erhielt, wandte sich die Oper an den über achtzig Jahre alten Architekten. Man suchte nach einer Möglichkeit, das unattraktive Kellerfoyer aufzuwerten, ohne die Aura der Ikone zu gefährden. Utzon schlug eine Öffnung in Form von neun großformatigen Screens vor, denen er von außen einen knapp 45 m langen kolonnadenartigen Wandelgang zuordnete. Formal entlehnte er diesen Portikus der mittelamerikanischen Tempelbaukunst, deren Pyramidenstümpfe ebenfalls häufig von Kolonnaden umgeben sind. Dieses Zitat ist für den Baumeister gleichzeitig ein wichtiger Bezug zu der Oper selbst, da ihn einst die freitreppenbewehrten Mayatempel zu der Ausbildung des Sockels inspiriert hatten.
Drei der neun Durchbrüche dienen nunmehr als Zugang, die anderen wurden mit einer niedrig angesetzten Festverglasung geschlossen. Die Fensterprofile wurden dabei von außen bündig auf die entsprechend ausgesparte Sichtbetonleibung montiert, sodass in der Innenansicht Stein auf Glas stößt.
Eventuell soll nun auch das Operninnere nach den ursprünglichen Plänen Utzons umgestaltet werden, doch es bleibt abzuwarten, ob der dänische Meister sein großes Werk doch noch einmal in Augenschein nimmt. Immerhin hat er seit dem Eklat von 1966 nie wieder australischen Boden betreten.
Robert Mehl, Aachen