Projektart:
Anfrage:
Objekt:
Der Westen war einsam
Typ:
Druckgraphik Ausstellung
Ort:
Museum Folkwang, Essen
Staat:
Deutschland
Architekt:
Jan Brokof 🔗 (Künstler)
Materialien:
Papier, Pappe; bedruckt
Publiziert:
03/2011
Seiten:
-
Inhalt:
[Artikel]      
 

Druckgraphik

Holzschnittartige Architektur

Bis zum 3. April zeigt das Museum Folkwang in Essen nebeneinander drei kleinere Ausstellungen zum Thema zeitgenössische Druckgraphik. Die vorgestellten Künstler sind Pidder Auberger, HAP Grieshaber und Jan Brokof, wobei letzterer mit Abstand sowohl der Jüngste (*1977), wie auch der aus architektonischer Sicht Interessanteste ist.
Tatsächlich bewegt sich Brokof auf einem schmalen Grat zwischen bildnerischer und skulpturaler Gestaltung und lotet dabei die Grenze zwischen Architektur und Kunst neu aus.
Er bedruckt Kartonagen mittels aus Holz erstellten Klischees (Druckplatten) und fügt die Resultate anschließend zu Skulpturen zusammen, die man getrost als Architekturmodelle bezeichnen kann. Die verwendeten Motive sind durchweg idealisierte Fassadenabwicklungen von ostdeutschen Plattenbauten. Die entstandenen Objekte mahnen nun nicht nur in ihrer finalen Anmutung an die Trostlosigkeit dieser seriellen Planstädte. Auch die serielle und damit monoton erscheinende Wiederverwendung derselben Druckklischees ist eine gelungene Metapher hierfür. Gleichzeitig lassen diese skulpturalen Werke das emotionale Herz eines jeden Architekten höher schlagen: Erinnert diese angetroffene Technik doch an die eigenen früheren Studienpraktiken. So hat man einst als Studierender selber mit verschiedenen und recht abenteuerlichen Low- Budget Techniken Fassadenabwicklungen auf Pappen gedruckt und diese anschließend zu Modellen verarbeitet. Hier nun wird dieser nervenraubende Prozess endlich einmal zur Kunstform erhoben.
Die Krönung der Ausstellung ist jedoch ein Nachbau vom Jugendzimmer des Künstlers im Maßstab 1:1 mit druckgraphischen Mitteln. Hier hat Brokof ganze Tapetenbahnen etwa mit der Anmutung diverser Bravo- Poster und Möbelstücke bedruckt und den entsprechenden hölzernen Nachbau des Raumvolumens damit beklebt. Ein Modell in dieser Art haben Architekten natürlich in ihren Studienzeiten nie gebaut. Allerdings wollen Professoren immer, dass man die Entwürfe genau so denkt – zu mindestens wenn man sie beim Wort nehmen würde: Entwürfe sind nicht nur in zweidimensionalen Plänen, sondern immer auch dreidimensional zu denken. Hier hat das mal einer real und konsequent umgesetzt.
Robert Mehl, Aachen
Druckgraphische Skulptur eines ostdeutschen Plattenbaus
Begehbare 1:1 Skulptur von Brokofs Jugendzimmer; Blick vom Eingang
Begehbare 1:1 Skulptur von Brokofs Jugendzimmer; alle Oberflächen wurden in Holzschnitttechnik bedruckt